#48 fremd im eigenem Land

Wir haben Glück. Als wir den Busbahnhof in Bangkok erreichen, fährt der nächste Bus direkt. Die befürchtete lange Wartezeit bleibt uns erspart. Der Bus scheint ein lokaler Bus zu sein. Seine Karosserie zeigt eine interessante Verformung und eigenartige Löcher. Im Innenraum gilt möglichst wenig anfassen. Der Bus bietet aber auch unfassbar viele Möglichkeiten, um möglichst dreckig zu sein. Gardinen mit Trotteln die nicht grauer sein könnten, Ventilatoren die vor Staub und Dreck stehen, die Sitze sind ok. Jasmin muss tief durchatmen. Aber wer authentisch reisen will, darf nicht mit gewohntem Standard vergleichen. Der Bus hat immerhin eine Toilette, trotz geplantem Halt für Pinkelpausen, ein gutes Gefühl. Wir halten an einer Raststätte, die unfassbar gut duftendes Essen verkauft. Wer schnell schlürft schafft hier in 10 Minuten auch eine Suppe zu essen. Für alle anderen gibt es einen kleinen Shop mit trockenen Snacks. Die Toiletten sind akzeptabel. Gespült wird traditionell mit der Wasserschüssel. Als wir wieder in den Bus steigen, fragt uns der Busbegleiter ob wir auch etwas gegessen haben. Das wir uns wir für Kuchen entschieden haben, freut den Ticketverkäufer. Wir sind seine einzigen weißen Reisenden. Phitsanulok, unser heutiges Ziel, kann man ebenso mit dem Zug erreichen. Die klimatisierte zweite Klasse ist jedoch doppelt zu teuer, die Fahrt nicht nennenswert kürzer. Jasmin ist inzwischen eine echte Reiseexpertin geworden. Schlafen funktioniert überall, so auch in dem schaukelnden Bus. Dominik kann nur kurz die Augen zu machen, ansonsten genießt er nahezu jede der 23.400 Sekunden.

Auf unseren heutigen Gastgeber haben wir uns ebenfalls schon ein wenig gefreut, vornehmlich aus zwei Gründen:

  1. Er spricht gutes Englisch, denn er hat acht Jahre in den Vereinigten Staaten gelebt.
  2. Aus den USA brachte er seinen Husky mit. Juli ist auf diesem Teil unserer Reise nicht dabei, entsprechend freuen wir uns über ein wenig pelzige Gesellschaft.

Schon als wir das Tor öffnen, werden wir freudig begrüßt. Willi, der Husky, freut sich sichtlich uns zu sehen. Wir freuen uns ebenso sehr einen wirklich gepflegten Hund streichen zu können. Auch Nat nimmt uns freundlich in Empfang. Während seines Studiums in den USA, hat er seinen Mann kennengelernt. In Thailand ist er nur, da er ein Stipendium hatte, welches er in voller Höhe zurückzahlen muss, sollte er nicht zurück nach Thailand kommen. Da er an der renommierten Columbia im teuren New York studiert und promoviert hat, können wir schon erahnen um welche Summe es sich handelt. Willi hat er dort bekommen, warum er ihn nicht bei seinem Mann in den USA gelassen hat, trauen wir uns nicht zu fragen. Der Hund ist super lieb, aber Thailand wirklich kein Platz für ein Tier aus der Polarregion. Beim Abendessen berichtet Nat, dass er sein Zimmer nur für Willi vermietet. Er liebt Menschen, die Gäste sind eine nette Abwechslung für ihn. Er genießt sichtlich unsere Gesellschaft.

Am nächsten Tag ist Entspannung respektive Bettruhe angesagt. Die arktischen Winde, die in Thailand entstehen, wenn U-Bahnen und Supermärkte ihre Türen öffnen, fordern ihren Tribut. Dominik hat eine Erkältung, die Nase läuft Marathon. Der eigentliche Grund für den Zwischenstopp in Phitsanulok ist der Geschichtspark der Stadt Sukhothai. Im 13. und 14. Jahrhundert war dies die Hauptstadt des gleichnamigen Königreichs. Die Ruinen der alten Gebäude und Tempel, kann man heute noch besichtigen. Ein wenig wirkt es, wie der kleine Bruder von Angkor Wat, obwohl Angkor Wat zur Verehrung Vishnus errichtet wurde und ein hinduistischer Tempel ist.

Um die Ruinen zu erkunden, die sich weitläufig erstrecken, leihen wir uns ein Fahrrad. Offensichtlich etwas, das asiatische Touristen eher meiden. Bei dieser Hitze bevorzugen sie die elektronische TukTuk Variante. Die historische Stadt ist Touristen freundlich in drei Gebiete eingeteilt. Im Zentrum sind die meisten Ruinen, teilweise ist die Baukunst noch hervorragend zu sehen. Die alten Buddha Statuen, die singhalesisch geprägten glockenartigen Tempel beeindrucken uns. Sind die alten Gebäude im äußeren Bereich weitaus verfallener, macht es umso mehr Spaß mit dem Fahrrad zwischen diesen hindurch zu fahren. Auch viele andere Besucher scheinen diesen Bereich eher zu meiden oder es verteilt sich schlicht ein wenig besser. Wir genießen die Art der freien Fortbewegung. Es ist ein herrliches Gefühl durch die Geschichte mit dem Rad zu fahren und dennoch zwingt uns die Hitze irgendwann umzudrehen.

Thailändische Schulklassen scheinen auf die Touristen gut eingestellt zu sein. Bei der Erkundung Phitsanuloks darf Dominik erneut bei einer Hausarbeit aushelfen. Diesmal dreht es sich um das Thema Erziehung. Er beantwortet einen Fragebogen bezüglich der eigenen Erziehung und zu den eigenen Ansprüchen im Falle von Kindern. Clever, wie die Schüler hier zur englischsprachigen Interaktion gebracht werden.

Am Ufer des Mae Nam Nan findet ein großer Markt statt. Rockmusik am Horizont unterbricht die Tempel Begehung, aber als Dominik die Bühne erreicht findet dort zur seiner großen Enttäuschung lediglich eine Lotterie statt. Der Markt unterscheidet sich wenig von den anderen. Zahlreiche Essenstände und günstige Kleidung reihen sich dicht gedrängt aneinander. Einzige Ausnahme ist ein Stand, an dem Haustiere erworben werden können. Baby Schweine, Baby Kaninchen und Hundewelpen warten auf ein Neues zu Hause. Der Besuch in Phitsanulok wird für uns Tierfreunde zu einer kleinen Belastungsprobe. Es wird Zeit weiter Richtung Chiang Mai zu fahren.