Wir kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Was für eine absurde Unterkunft. Die Zimmer sind einfach, aber sauber. Das Haus verzaubert vor allem durch seine Architektur. Das Wohnzimmer ist weit und offen gestaltet und der Wohnraum über drei Ebenen verteilt. Vor allem die riesige Terrasse lädt zum Verweilen ein. Um uns herum zwitschert die Natur. Wir machen es uns im am Hintereingang unter einem Pavillon mit unserem Begrüßungstee gemütlich. Da John erst am nächsten Tag wiederkommt, gehört das ganze Haus heute nur uns. Eine junge Dame wird uns die nächsten Tage betreuen. Ihr Ehemann kam kurz nach unserer Ankunft dazu, um nach uns zu sehen. Die Beiden zaubern uns spontan ein kleines Abendessen, dankend lehnen wir Reis und Curry ab. Das Essen wird serviert, es gibt Nudeln und Curry. Stark. Und während wir so plauschen stellt sich heraus, dass ihr Ehemann Caddy auf dem hiesigen Golfplatz ist. Ein paar Minuten später haben wir für den nächsten Tag eine Golfstunde vereinbart. Verlegen erzählen wir ihm, dass wir kleidungstechnisch vermutlich nicht auf einen Golfplatz vorbereitet sind, aber er winkt ab, lacht und sagt, dass es ja nur zum Spaß ist. Während wir uns langsam bettfertig machen, rumpelt in der Waschmaschine unsere Wäsche. Morgen gibt es endlich wieder saubere Kleidung.
Während wir unser Frühstück genießen, baumelt unsere nasse Wäsche über dem Wohnzimmergeländer über uns. Die Schlüppis, die nicht trocknen wollen, liegen typisch singhalesisch auf den heißen Steinen vor dem Haus. Mit unseren kreativ zusammengestellten Outfits hüpfen wir wenig später ins TukTuk Richtung Driving Range, zum Laufen wäre es angeblich zu weit. Unwohl fühlen wir uns dennoch, als wir am Golfplatz vorfahren. Eine Gruppe Caddys wartet bereits am Parkplatz auf ihren Einsatz. Unter ihren kritischen Blicken steigen wir aus dem TukTuk. Dominik in Joggingshorts und weißem T-Shirt, Jasmin in Yoga-Hose, Sport-Top und Wanderchucks. Für Pollunder und Bermudashorts ist kein Platz im Rucksack. Wir begrüßen unseren Lehrer, der ebenfalls schon auf uns wartet. Er führt uns in einen kleinen Raum, wo ein offensichtlich europäischer Mann gerade Wechselgeld erhält. Er kommentiert es mit einem schlechten Spielgeld Witz. Der Singhalese lächelt verlegen, wir verdrehen die Augen. Schon in den ersten fünf Minuten fühlen wir uns in jedem unserer Vorurteile bestätigt. Neben dem Herrn ist noch ein weiteres Pärchen in dem Raum, alle drei sehen aus wie der golfende Stereotyp. Wir fühlen uns denkbar unwohl.
Das Unwohlsein endet, als wir zur Driving Range schreiten. Erweckt unser Lehrer anfangs einen wenig begeisterten Eindruck uns nun eine Schnupperstunde zu geben, ist er dennoch wirklich nett. Er spricht hervorragend Englisch. Wie schon beim Surfen erlernen wir zunächst die Theorie. 18 Löcher, man schlägt von dort, wo der Ball liegen geblieben ist, wann nutzt man welchen Schläger usw. Jasmin darf starten. Beine Schulterweit auseinander, Hände umfassen den Schläger, leicht in die Hocke, rechter Arm im Rechtenwinkel und locker durchschwingen. Zwei Trockenübungen und schon schlägt Jasmin den ersten Ball, trifft und schaut sichtlich entzückt wie er den Hügel hinunterrollt. Nicht nur ein Talent im Surfen. Dem guten ersten Versuch folgen einige weitere gute Bälle.

Dominik ist dran, sobald alle Bälle aus dem ersten Eimer von Jasmin im Tal sind. Im Gegensatz zum surfen hat er im Golf ein wenig mehr Talent. Ebenfalls zwei Trockenübungen und der erste Ball braust im hohen Bogen in Richtung Tal. Wieder ist der gute Schlag zu Beginn kein Einzelfall. Unser Lehrer ist sichtlich ein wenig beeindruckt, wir definitiv stolz. Beide haben wir unsere mögliche Bestweite mit dem 7er Eisen mehr als einmal erreicht und auch ohne Golftee die Bälle getroffen. Vielleicht haben wir hier einen neuen Sport gefunden.
Auf die langen Bälle folgt das Patten. Auf dem Weg dorthin können wir unseren Lehrer rund um das Golfen ausfragen. Nach dem ersten Erfolg an der Driving Range und unserem sichtlich steigenden Interesse, scheint auch unser Lehrer zunehmend Gefallen daran zu finden, uns zu unterrichten. Nach den ersten Patting Versuchen, spielen wir ein kurzes Duell auf neun Löcher, welches Jasmin 23 zu 24, denkbar knapp, für sich entscheidet.
Unser Resümee ist überraschend positiv. Wir hatten nicht erwartet, so viel Freude am Golfen zu haben. Haben wir in der Vergangenheit schon geschmunzelt, wenn Golf als Sport bezeichnet wurde, müssen wir feststellen, dass es wirklich anstrengend und das Suchtpotenzial ebenfalls klar zu erkennen ist. Erholung finden wir nach der Partie am Pool. Das Angebot einen Tempel zu besichtigen, lassen wir verstreichen. Lieber lesen wir, hören Hörbuch und plantschen ein wenig mit bester Aussicht.

Zurück in der Unterkunft lernen wir John und seinen Vater kennen, ein interessantes Duo. Offensichtlich sind beide herzensgute Menschen, mit einem vielleicht nicht ganz üblichen Lebensverlauf. Neben den Beiden wohnen die vierzehn Jahre alte Katze „Sweetie“ und der junge Golden Retriever „Vegas“ im Haus. Beide sind Findelkinder. Die Katze wurde durch den Vater vom Golfplatz mehrmals gerettet und Vegas hat John in Doha gefunden. Beide genießen viel Freiheiten. So kann Vegas selbstständig ihre Runde gehen, entscheidet allerdings auch alleine, wann sie wieder umdreht. Wir unterhalten uns mit Beiden ein wenig. Der Vater war jahrelang Operation Manager im Glofclub in Doha und hat das Haus auf Sri Lanka selbstständig entworfen und beim Bau maßgeblich unterstütz. Er weiß tolle Geschichten zu erzählen, aber berichtet auch wie er durch eine schlechte Ehe gezeichnet wurde. Offensichtlich hatten es Beide nicht immer leicht. Der Vater scheint zwischen Spanien und Sri Lanka zu pendeln. Über Silvester hatten sie ihr Haus in Digana vollständig vermietet und sind so an der Küste unterwegs gewesen. John ist Kite Surf Lehrer und mancherorts eine kleine Legende. War er einer der ersten Kite Surfer, der Kinder mit seinen kleinen Stunts in der Luft beeindruckt hat. Er strahlt, als er berichtet wie Jugendliche ihn Jahre später zitieren, dass sie „kiten können wie John“. Die Zeit verfliegt. Unser Tag im „Luxus“ soll mit einem leckeren Essen enden. John empfiehlt ein Restaurant mit wundervoller Aussicht.

Der Kellner empfängt uns bereits freundlich, ob wir die Freunde von John seien. Das Restaurant selbst sieht aus wie ein Clubhaus. Bilder und Trophäen zeigen Sternstunden des Sports aus den verschiedenen Dekaden. Ein Billiardtisch und eine Sofagarnitur sorgen für entsprechende gesellige Stimmung. Der Ausblick ist wie versprochen großartig.
Ein kühles Getränk wird uns auf dem Sofa gereicht. Eine Stunde später ziehen wir für unser Essen an einen entsprechenden Tisch, das Restaurant wirkt wie der Teil eines Wohnzimmers, strahlt aber dennoch irgendwie ein hochwertiges Flair aus, der Service wird diesem nicht ganz gerecht. Hatten wir einen Appetizer bestellt, erhält Jasmin diesen parallel zu Dominiks Hauptgang, der Hauptgang von Dominik beinhaltet Stampfkartoffel statt Kartoffel Wedges. Einmal Kartoffeln püriert, taugt es wohl für mehrere Menüs, Jasmin bekommt ihren Hauptgang mit Verzögerung ebenso mit Kartoffelstampf statt Rosmarinkartoffeln. Für uns kein Problem, dass Essen ist lecker. Wenn wir schon einmal chic Essen sind, gönnen wir uns auch ein Dessert. Der erneute Blick in die Karte wird uns jedoch verwehrt, stattdessen betet der Kellner die Gerichte herunter, wir wählen den Käsekuchen. Natürlich bekommen wir auch hier nicht was wir erwarten. Typisch Sri Lanka, es gibt Eis im Käsekuchengeschmack, Kuchenteig ist nirgends zu finden. Zum Glück ist auch dieses Gericht köstlich.
War die Verwirrung bisher noch nicht groß genug, werden wir direkt nach dem letzten Bissen des Desserts zur Kasse gebeten. Ein weiteres Getränk ist hier offensichtlich keine Option. Es ist Zeit zu zahlen. Das Resort ist leicht abgelegen, der Betrag für die Unterkunft muss morgen noch beglichen werden, daher wollen wir im Restaurant gerne mit Kreditkarte zahlen. Dies scheint trotz Aufkleber, dass hier mit Visa Karte gezahlt werden kann, ein Problem zu sein. Erste Nervosität macht sich breit. Kellner und Koch kommen aus der Küche und bieten uns an, das Dessert, also 400 Rupien, mit Karte zu zahlen. Warum nur das Dessert? Wir lehnen dankend ab, bestehen auf komplette Zahlung per Karte. Wieder hektische Diskussion, Beide verschwinden samt Kreditkarte in die Küche. Nach ein paar Minuten folgt ein neues Angebot. Diesmal dürfen wir 720 Rupien mit Karte zahlen. Ein erschreckend genauer Betrag, der keinem Posten auf der Rechnung entspricht. Steht das Restaurant auf einem Basar? Während Jasmins Schmunzeln zu einem waschechten Lachkrampf heranwächst, versucht Dominik auf den kompletten Betrag zu bestehen. Zudem reicht er ihnen noch 5000 Rupien, die gewechselt werden müssen, um das TukTuk nach Hause zu bezahlen. Das war zu viel. Der Chefkoch stürmt mit den Bargeld nach links, der Kellner mit der Kreditkarte nach rechts. Wir verlieren die Beherrschung und lachen lauthals los. So etwas Absurdes ist uns noch nicht widerfahren. Die Beiden sind dermaßen verwirrt, dass ihnen erst unser Gelächter aufzeigt, dass mit beiden Zahlungsmitteln zu verschwinden vielleicht nicht der besten Lösung entspricht. Erst als der Kellner schon um die Kurve ist, dreht er um, um die Situation zu erklären. Der einzige Kellner, der den ganzen Betrag freigegeben darf, gibt gerade eine Massage. Kein Problem, mit einem Billiardspiel ist die Viertelstunde, die zur Dreiviertelstunde wird, überbrückt. Nach einem weiteren Getränk werden wir auch jetzt nicht gefragt.
Der Abend endet natürlich auch mit einem Knüller. Der massierende Kellner bringt uns die Rechnung, die plötzlich 1000 Rupien mehr beträgt. Verdutzt prüfen wir die Beträge. Stimmt aber alles. Was haben Koch und Kellner nur zuvor gebongt? Wir bezahlen die Summe und bitten um ein TukTuk. Mit großen Augen schaut uns der Kellner an und fragt uns nach einer Telefonnummer. Wir geraten ins Stottern. Fragt der Kellner uns gerade nach einer lokalen TukTuk Nummer? Er versteht nicht wo wir hinwollen. Hat er uns noch als Freunde von John begrüßt, scheint er unseren Gastgeber nun nicht mehr zu kennen. Schon im Golfclub hatten wir Probleme wieder nach Hause zu kommen. Zum zweiten Mal muss unser Caddy heute helfen. Er schickt uns ein TukTuk. Kopfschüttelnd erreichen wir unser Zuhause.

Kopfschüttelnd beginnt auch der nächste Tag. John hat uns angeboten uns das Gelände ein wenig zu zeigen. Zu Dritt quetschen wir uns in den Golf Car und düsen durch die gründe Landschaft. Definitiv einer der idyllischsten Orte, die wir auf Sri Lanka besucht haben. Für ein kühles Getränk halten wir vor einer verschlossenen Villa. John öffnet das Tor, streichelt den Wachhund und spricht mit den Angestellten. Sie öffnen für uns und servieren uns Kuchen, Kaffee und Getränke auf der Terrasse am Infinity Pool. Ansonsten sind weder Gäste noch Besitzer vor Ort. John erzählt von vergangenen Partys in diesem Haus, über seine Pläne aus dem Aufenthalt bei ihm ein Abenteuer zu gestalten und vom Leben als Engländer auf Sri Lanka. Scheint er bodenständig und gutherzig, will dieser Snob-Beigeschmack dennoch irgendwie nicht vergehen. Aber sie waren gute Gastgeber. Veranschlagt die Hausdame einen verhältnismäßig unverschämten Betrag für das gekochte Abendessen, berechnet sie zum Glück weniger für die Wäsche. Auch hier, ein kleiner negativer Beigeschmack der bleibt. Dafür lässt es sich unser Caddy nicht nehmen, während einer Golfpartie vom Golfloch neben Johns Haus hinüber zu sprinten, nur ums Auf Wiedersehen zu sagen. Haben wir die Reiseauszeit auch genossen, können wir es dennoch kaum erwarten ins echte Leben zurückzukehren und freuen uns als der Staub von Sri Lankas Straßen uns im TukTuk Richtung Kandy wieder um die Ohren weht.