Wollen wir es uns gerade im Garten unseres Dschungelhäuschens gemütlich machen, kommt unser Gastgeber und erzählt uns von den Fütterungen im Elefantenwaisenhaus. Ist dies normalerweise eine Attraktion, die wir überspringen würden, meinen wir eine Empfehlung für dieses „Transit Home“ gelesen zu haben. Solche Einrichtungen werden zunehmend missbraucht, um Geld zu verdienen. Dabei werden Elefantenbabys ihren Eltern entrissen, anstatt als tatsächliche Waise aufgenommen zu werden. Die Haltungsbedingungen lassen sonst zu wünschen übrig. Wir haben gelesen, dass in diesem Waisenhaus die Elefanten über Nacht nicht angekettet werden und so entscheiden wir uns für einen Besuch.

Unser Gastgeber bestellt uns für den Nachmittag ein TukTuk. Eine Stunde früher als verabredet steht der TukTuk Fahrer im Vorgarten. Wir sind verwirrt und packen panisch unsere Sachen. Am Waisenhaus angekommen, ist der Parkplatz jedoch leer. Unser junger TukTuk Fahrer hat sich in der Uhrzeit geirrt. Nach kurzer telefonischer Rücksprache mit unserem Gastgeber, soll er uns zum Staudamm bringen. Wir bitten jedoch um einen kleinen Abstecher in die Stadt. Im dritten Laden wird Jasmin fündig und kauft sich eine der typischen Backpacker Stoffhosen. Eine Wahl hätte sie auch kaum gehabt, denn mit jedem Kopfschütteln mehr nach einem Ladenbesuch, scheint unser TukTuk Fahrer entsetzter. Nach der schnell beendeten Shoppingtour holen wir noch Getränke und ein kühle Cola für unseren Fahrer, denn er wird warten während wie Elefanten anschauen.
Wir haben immer noch Zeit und so werden wir dann doch noch zum Staudamm gefahren. Mitten auf dem Damm hält der Fahrer an und fordert uns auf Bilder zu machen. Pflichtbewusst drücken wir ein paar Mal auf den Auslöser, denn als Fotomotiv dient der See an dieser Stelle eigentlich wenig. Lieber schauen wir den Einheimischen beim Baden zu. Sie gehen alle an der gleichen Stelle zwischen den Bäumen ins Wasser. Nur die Damen stehen maximal mit den Füßen im Wasser. Als wir unseren Taxifahrer ein paar Tag bei unserer Weiterreise fragen, ob Damen auch baden gehen, bekommen wir die Antwort, dass man in diesem See nicht schwimmen kann, dort leben Krokodile. Das war zwar nicht die Frage, aber mittlerweile haben wir uns schon daran gewöhnt, dass man nicht immer die Antwort bekommt, die man erwartet. Vielleicht stellen wir auch einfach die falschen Fragen.
Nach dem Fotoshooting am Staudamm, geht es endlich zurück zum Waisenhaus. Sichtlich irritiert stehen wir vor der Preistafel. Wir sollen 2,50 Euro pro Person Eintritt zahlen, um die Fütterung zu sehen. Grundsätzlich kein Problem, haben wir nur sowohl Gastgeber als auch TukTuk Fahrer befragt und beide haben uns vermittelt, dass der Eintritt frei wäre. Die kühle Cola in der einen Hand und die Hose in der anderen, reicht das übrige Geld nicht mehr, um die Elefantenbabys heute zu sehen, aber wir bleiben zum Glück zwei Nächte und können am nächsten Tag wieder kommen.

Die Enttäuschung über den verpassten Besuch im Transit Home hält nur bis zum Abendessen. Erneut testen wir die kulinarischen Fähigkeiten unserer Gastgeber, erneut gibt es Reis & Curry. Diesmal punktet vor allem das Ambiente. Als es dunkel wird, stellt unserer Gastgeber Petroleumlampen vor unserer Veranda auf, schaltet indirektes Licht im Dschungel an und stellt den Tisch auf die freie Fläche vor unserem Bungalow. Traumhaft. So schön haben wir noch nie gegessen. Und so genießen wir unter freiem Himmel das beste Dhal Curry unserer Reise, lassen das letzte Jahr passieren und schmieden Zukunftspläne.
Die Nacht ist kurz und endet abrupt. Der Wecker klingelt, es ist 5 Uhr morgens. Da auch die Tiere im Nationalpark die Mittagshitze meiden, heißt es für uns früh aufstehen. Nach unserem gestrigen Abendessen wurde die Safari spontan eine halbe Stunde nach vorne verlegt, der Jeep wartet schon um 5:30 Uhr auf uns. Eigentlich sollten wir unser Frühstück im Nationalpark bekommen, als wir jedoch gerade in den Jeep geklettert sind, korrigiert unser Gastgeber diese Information. Frühstück bekommen wir, wenn wir gegen 10:00 Uhr zurück sind. Wir haben dazu gelernt und zum Glück zumindest Kekse dabei.

Die Schranken des Nationalparks öffnen bereits um 6 Uhr. Wir passieren die Schranke zum Park jedoch erst um 7:30 Uhr. Grund dafür ist nicht eine lange Anfahrt oder ein geringes Fahrttempo, es ist die Autoschlange vor dem Eingang. Bereits um 06:00 Uhr stehen unzählige Jeeps aufgereiht mit Touristen gefüllt vor den Toren. Sie variieren lediglich hinsichtlich ihres Zustandes zwischen deutlich mitgenommen und komfortabel gepolstert. Das Prinzip ist dabei immer gleich, auf alle Pick Ups wurde ein Aufsatz mit 6 Sitzen und einem Dach geschraubt. Glücklicherweise lassen die Ranger den Tieren zu Liebe immer nur kleine Gruppen am Stück hinein. So warten wir 90 Minuten, gut aufgereiht, bis wir das erste Tor passieren. Ein paar Meter weiter kommen alle Jeeps zum Stehen. Es folgt ein Massenstart im Sprinten. Die Türen gehen auf und die meisten der Fahrer stürzen los. Ein Fahrer vor uns ruft seinen Gästen, die genauso verwirrt schauen wie wir, beim Lossprinten noch zu „Ich kaufe Ihre Tickets.“ Auch unser Fahrer verlässt das Auto und begibt sich zügig Richtung Kasse. Und so hängen knapp 15 Jeeps schräg gekippt am Straßenrand und warten auf ihre Fahrer. Nach einigen Minuten sehen wir die ersten Zieleinläufe. Im Vollsprint kommen die Fahrer tatsächlich auch zurück, springen gekonnt in ihr Auto und brettern los. Unserer Fahrer hat es nicht ganz so eilig, er hat jemanden im Schlepptau. Ein Guide schließt sich uns an, angeblich ist alles inklusive. Naja, nicht so ganz wie er uns unmittelbar schon bei Fahrtbeginn zu verstehen gibt, bekommt er ein kleines Trinkgeld. Er schlägt uns selbst auch direkt vor in welcher Höhe das so angebracht wäre: 1000 Rupien, 2000 Rupien. Eine fremdbestimmte und vorab festgelegte Trinkgeldhöhe ist neu. Aber für sein schon in der Begrüßung offensichtliches schlechtes Englisch und den bis dato unbekannt guten Service planen wir natürlich gerne schon mal einen Bonus ein.
Die ersten Meter im Park bleiben ein wenig grotesk. Die Jeeps scheinen ihre Route bereits zu kennen, wir fahren die Runde immerhin in die gegengesetzte Richtung. Ein Gedränge auf Höhe der ersten kleinen Elefanten Familie gibt es dennoch. Je länger wir fahren, desto weniger Autos werden wir zum Glück, auch an das Geschaukel und Gerüttel scheinen wir uns langsam zu gewöhnen. Wirklich allein fühlen wir uns leider nie. Pfauen, Adler, verschiedene Vögel, Warane, Krokodile, Wasserbüffel, Chamäleons und natürlich Elefanten sehen wir auf unserer Tour. Langsam verdient sich unser Guide sein Trinkgeld, die Chamäleons hätten wir wohl ohne ihn genauso wenig entdeckt wie die Krokodile, die gerade mal mit ihren Augen über der Wasseroberfläche treiben, aber auch genauso gut Treibholz sein könnte. Zusätzliche Informationen sind nur schwer zu erhalten. Hinweise wie „weiblicher Elefant“, „Babyelefant“ etc. sind irgendwie auch für uns offensichtlich. Er redet gerne und so ist nicht nur das Genießen der Wildnis schwer möglich, sondern auch jedes Video am, das wir drehen, Ende mit seiner Stimme unterlegt. Ganz hilfreich ist seine Kommunikation mit unserem Fahrer, denn so halten wir an den Spots immer passend, sodass aus unserem Blickwinkel alles ersichtlich ist. Schönster Moment der Tour ist die besondere Begegnung mit einer kleinen Elefantenfamilie. Ein Jungtier kommt unserem Fahrzeug so dicht, dass der Rüssel nach unserer Hand zu greifen scheint. Wir halten den Atem an. Ähnlich wie Juli mit ihrer Pfote, reibt sich der Dickhäuter mit seinem Rüssel die schlaftrunkenen Augen. 06:00 Uhr ist offenbar auch für ihn zu früh. Auch das letzte Wasserloch unserer Tour ist irgendwie magisch. Eine Gruppe Wasserbüffel badet in diesem kleinen See, Vögel fliegen über die kleine Oase. Das bunte Treiben erinnert an eine Episode aus Abenteuer Wildnis. Wir sind mittendrin.
So unangenehm unsere Tour mit unserem aufgezwungenen Guide begonnen hat, so endet sie auch. Er hält seinen Arm neben Dominiks und lacht. Der Farbunterschied scheint ihn zu erfreuen, bis er schließlich auf Dominiks Arm zeigt und lachend „good color“ sagt. Peinlich berührt von dieser seltsamen Form des Rassismus versuchen wir uns zumindest ein kleines Lächeln abzuringen.
Der Tag bleibt tierisch, am Nachmittag starten wir mit ausreichend Bargeld für drei Besuche gewappnet zum Transit Home. Die Besucherränge sind gefühlt, die Hauptakteure lassen nicht lange auf sich warten. Wie bei jeder Fütterung stehen die Tiere schon für ihren Einsatz bereit. Aus der Ferne tönt unzufriedenes Trompeten. Nicht nur wir wollen, dass es endlich los geht. Mit strammem Schritt schreiten zunächst die Elefantenbabys Richtung „Bar“. Dort warten die Pfleger mit einem Trichter und je einer Kanne Milch. Nur unter großem Protest geben die Elefanten den Trinkschlauch wieder frei. Da kann es auch passieren, dass dem Elefanten noch halb die Milch aus dem Maul läuft während er den Pfleger anbrüllt, nach dem Motto, dass das ja noch nicht alles gewesen sein kann. Aber auch auf die Konkurrenten wird keine Rücksicht genommen und so wird sichtlich nicht bereit zum Teilen entsprechend mit dem Rüssel in die Seite geboxt. Herrlich menschlich irgendwie. Der kleinste Elefant scheint jedoch der Schlauste von allen zu sein. Während die anderen Elefanten sich nach kurzem Auflehnen an der Milchbar bereitwillig zur zweiten Fressstation schieben lassen, gibt der Kleinste sich damit nicht zufrieden und stellt sich immer wieder erneut an. Er zieht aus seiner Sicht unauffällig einen Kreis und reiht sich wieder an der Milchbar ein. Sehr zur Belustigung der Zuschauer, denn irgendwie bemerkt ihn der Pfleger jedes Mal. Und so wird aus seiner Körpersprache aus einem freudigen „Ich hatte noch nichts!“ ein „Ok, ich hatte schon was.“ und er zieht mit hängendem Kopf von dannen. Hatte die Safari einen bitteren Beigeschmack und mehr etwas von einer Fahrt durch einen offenen Zoo, haben sich die 30 Minuten im Elefantenhaus definitiv gelohnt.

Da die Eltern unserer Gastgeber kaum Englisch sprechen, werden bei Nachfragen unsererseits sofort die Söhne angerufen, die für die Betreuung der Gäste zuständig sind, aber offensichtlich nicht auf dem Gelände wohnen. In den meisten Fällen springen sie dann ins Auto und sind nur wenige Minuten später bei uns. Während des Nachmittags haben wir es aber auch einmal ohne ihre Hilfe geschafft – irgendwie. Dominik drückt der Dame des Hauses eine Wassermelone in die Hand, die wir gerne aufgeschnitten hätten zum sofort essen und eine Cola für den Kühlschrank für das Abendessen. Zufrieden lächelnd dreht er sich um und läuft in Richtung Jasmin, die im Eingang wartet und nur aus dem Augenwinkel beobachten kann, wie die Mama sichtlich irritiert Cola und Melone in ihrer Hand anschaut und lacht. Das haben sie nicht verstanden! Und so warten wir knapp 20 Minuten bis klar ist, wir bekommen keine Wassermelone mehr. Entweder betrachten sie beides als Gastgeschenk und Dominik trifft sie gleich an, wie sie genüsslich die Wassermelone verzehren oder wir bekommen beides zum Abendessen, da sie nur das Wort „Dinner“ verstanden haben. Wohl eher Zweites. Als er in das Haus eintritt, fangen sie hektisch an die Wassermelone aufzuschneiden. Die Cola bekommen wir kalt am Abend, nur der Sohn fragt uns beim Tisch decken abends, ob das mit der Melone alles so richtig war. Offensichtlich herrschte hinter den Kulissen doch ein wenig Panik. Die Gastgeber übertreffen sich mit dem zweiten Dinner noch einmal bei Weitem. Zum Dank zahlen wir gerne etwas mehr. Wohnen im Dschungel war ein absolutes Erlebnis.
