Unser Gastgeber in Unawatuna organisiert uns einen Fahrer, der uns für knapp 30 Euro im klimatisierten Auto nach Tangalle bringt. Wir betrachten es als Weihnachtsgeschenk an uns selbst. Eine Zugverbindung gibt es nicht, das TukTuk wäre nur unwesentlich preiswerter gewesen und der Bus wäre zwar günstig, dafür aber trotz der 30 Grad auch gefüllt wie eine Ölsardinendose. Und so düst unserer Fahrer im sichtlich in die Jahre gekommenen Kleinbus immer die Straße am Meer entlang. Sein Telefon klingelt im Minutentakt, es ist Heiligabend, dank der Touristen gibt es Weihnachten viel zu tun. Knapp 2 Stunden dauert die Fahrt, wir sehen viel, aber die Kurven nehmen nicht ab. Der Kleinbus ist unglücklich höher gelegt, Jasmin wird das erste Mal in ihrem Leben seekrank beim Autofahren. Ein Reisekaugummi rettet die restliche Fahrt. Ein wenig erschöpft und ehrlicherweise auch leicht überrascht erreichen wir unsere Unterkunft in Tangalle.

Laut Buchung soll sie nur wenige Hundertmeter vom Meer entfernt liegen. Tut sie irgendwie auch, nur liegt dazwischen die stark befahrene Hauptstraße. Erste Enttäuschung macht sich breit. Der Gastgeber begrüßt uns mit einem freudigen Lächeln und natürlich einem Begrüßungsgetränk. In Unawatuna gab es Maracuja Saft, heute erwartet uns ein Papaya Getränk, das zugegebener Maßen nur schwer zu trinken ist. Unser Gastgeber wartet dezent im Hintergrund, sodass wir jegliche Mimik als erste Reaktion kontrollieren müssen. Jetzt bloß kein „Irgh“ Gesicht und so hören wir uns stattdessen „Mhh, lecker“ sagen. Wir wollen gute Gäste sein. Aber er wartet und wartet und wartet. Offenbar dürfen wir erst aufs Zimmer, wenn das Glas leer ist. Mit dem Reisekaugummi im Mund und dem üblen Gefühl im Magen, fällt es Jasmin schwer, überhaupt irgendetwas zu trinken. Dominik muss helfen. Und so tauschen wir jedes Mal die Gläser, sobald unser Gastgeber für zwei Sekunden den Raum verlässt. Und Dominik schlürft! Die Gläser sind leer und tatsächlich dürfen wir jetzt auch unser Zimmer sehen. Jasmin flau von der Fahrt und Dominik flau von zwei großen Gläsern Papaya Saft schleppen sich die Treppe in die erste Etage. Es gibt einen Gemeinschaftsbalkon Richtung Straße, laut, aber schön und ein kleines Zimmer für uns. Der typische leicht muffige Geruch von feuchten Zimmern weht uns entgegen. Warum ist es hier bloß so heiß drinnen? Nach panischen Sekunden des Umsehens wird uns klar, wir haben ein Zimmer ohne Klimaanlage gebucht, lediglich der Ventilator kreist über dem Bett. Aber sauber ist es. Für den Geruch kann kein Gastgeber etwas. Die hohe Luftfeuchtigkeit ist auch heute spürbar. Es ist schön, aber etwas anders als erwartet. Dominik ist zufrieden, Jasmin enttäuscht.

Ein Blick auf die schönsten Strände Sri Lankas soll die Stimmung heben. Nur ein paar Hundert Meter die Straße entlang, führt eine kleine abbiegende Gasse Richtung Meer. Spazierende Touristen können die Einheimischen nur schwer ertragen und so wird uns alle paar Meter ein TukTuk angeboten. Danke, wir laufen. Die Meeresbucht wirkt klein und geschützt. Eine Handvoll Touristen liegen auf den Sonnenliegen, die anderen sitzen auf den Steinen und genießen die untergehende Sonne. Ein guter Ort, um Pläne für die nächsten Tage zu schmieden. Wir wollen surfen.

Zurück in der Unterkunft organisiert unser Gastgeber einen TukTuk Fahrer, der extra angerufen wird. Es scheint ein Freund der Familie zu sein. Der Vorteil für uns sind faire Preise. Wir wollen zur angegebenen Adresse des Surfshops. Englisch spricht weder der Gastgeber noch der TukTuk Fahrer wirklich gut. Ein weiterer Nachbar will helfen und so drängen sich drei Männer um unser Handy und diskutieren den Weg. Nachdem der TukTuk Fahrer uns entweder zum Zuhause des Surflehrers oder zu einer ähnlich klingenden Unterkunft bringen will, navigieren wir selbst. Die angegebene Adresse, sieht wie ein verschlossener Laden aus. Darüber prangt ein großes Reklameschild mit Kontaktmöglichkeiten. Beim näheren Hinsehen fällt jedoch auf, das Tor ist nur eine Attrappe. Da befindet sich kein Haus mehr, sondern eine zerfallene Ruine. Seltsam. Wir schreiben dem Surflehrer also eine Nachricht. Die zwei Minuten, die wir vor dem Schild verbringen, sind schon zu lang. Ein TukTuk Fahrer spricht uns an, ob wir ein TukTuk brauchen, er hätte aber auch einen Freund, der Surfstunden für 30$ statt 55$ geben würde. Er ist nett, aber wir sind zu deutsch. Bandulas Surfschule, ist ein ausgewiesenes Unternehmen, wir fühlen uns damit irgendwie wohler. Ein wenig verloren schlendern wir durch die Gassen von Tangalle. Wie überall auf Sri Lanka verschönern die Einheimischen die Mauern mit ihren Gemälden. Großartige Kunstwerke sind zu sehen, nebenan wird musiziert. Hier sind nur wenige Touristen unterwegs. So finden wir leider aber auch nur Wohnhäuser. Wir haben Hunger. Nehmen kurzer Hand ein TukTuk und fahren zu einem Restaurant am Strand. Es wird für die Zubereitung frischer Meerestiere gelobt und so speist Dominik Garnelen mit selbstgemachen Pommes und Salat und Jasmin gebratene Nudeln. Ein wenig beschämt schauen wir zum Nachbarrestaurant hinüber. Während unser Restaurant boomt, sitzt der Besitzer nebenan allein auf der Terrasse. Touristen glauben Online Bewertungen vielleicht zu sehr, wer weiß wie gut sein Essen gewesen wäre.

Die erste Nacht ist heiß. Als wäre das nicht anstrengend genug. Versammeln sich die Mücken unter unserem Mückennetz. Wie in einem schlechten Science-Fiction Film, scheinen sich die Tiere zu verdoppeln, sobald wir eines erledigt haben. Jede Stunde werden wir aufs Neue wach und finden mindestens 10 neue Mücken unter unserem Mückennetz. Jasmin sieht schon aus wie ein Streuselkuchen. Es hilft nichts, wir müssen in Anti-Mücken-Spray baden. Die wenigen Stunden Schlaf sind nicht die besten Vorrausetzungen für unsere erste Surfstunde am nächsten Nachmittag. Auf einer Weltreise hat man viele Möglichkeiten sich Kindheitsträume zu erfüllen. Bei Jasmin war einer davon das Wellenreiten.
Bandulas Team holt uns pünktlich um 15:00 Uhr ab. Ein Jeep mit vier Angestellten wartet auf uns. Haben wir uns schon daran gewöhnt, dass deutsche Effizienz beim Reisen nicht zu finden ist, sind wir diesmal doch schon sehr gespannt, wofür vier Mitarbeiter bei einer Surfstunde zuständig sind. Alle sind sehr freundlich und Bandula spricht sehr gut Englisch. Schon nach wenigen Metern Fahrt stoppt unser Auto. Stau auf Sri Lanka? Das ist neu! Wird doch sonst im Zweifel einfach eine dritte Spur aufgemacht. Es folgt ein hektischer Wortaustausch im Auto. Stau scheinen auch die Singalesen als nicht normal einzustufen. Wir schauen uns fragend an. Die umliegenden Zuschauer am Straßenrand werden in das Wortgefecht mit eingebunden, vorbeifahrende Autofahrer werden befragt, es wird wild gestikuliert und offenbar nach Alternativen gesucht. Dann endlich die Auflösung. Vor uns findet eine Art Parade statt.
Den Erklärungsversuchen unseres Surflehrers nach, zieht die Parade bis zum Tempel und es wird auf der Straße getanzt. Wir haben den besten Blick, denn wir fahren an der Parade im Schritttempo vorbei. Auch nach einigen Recherchen im Nachgang sind wir uns noch unsicher, was genau wir dort gesehen haben. Es scheint als wäre es das religiöse Vollmondfest der Buddhisten gewesen, dass jeden Monat gefeiert wird. Farbenfrohe Gewänder, musikalische Einlagen und ein geschmückter Elefant ziehen an uns vorbei. Wir sind fasziniert. Die Surfstunde ist in Vergessenheit geraten, bis wir plötzlich Richtung Meer biegen und das Auto hält. Wir sind da, unsere Aufregung steigt.
Bandula reicht uns jeweils ein Surf Shirt und schon geht es los. Um zum Meer zu kommen müssen wir über einen, für Jasmins Geschmack, zu dreckigen Zufluss klettern. Sie erinnert Dominik daran, bloß den Mund geschlossen zu halten, haben wir schon zu viele unsaubere Abflüsse auf unserer Reise gesehen. Am Strand folgt eine kleine Dehnung. Der Co Lehrer buddelt währenddessen die Surfboards ein wenig ein. Es gibt eine kleine begriffliche Einführung und dann die erste Trockenübung: „Paddeln, Paddeln, Paddeln, Hühnerarme, Echsen Bein und stehen.“ Immer wieder gehen wir die einzelnen Schritte durch und kommen schon an Land gut ins Schwitzen. Der Dritte Mitarbeiter aus Bandulas Team reicht uns kaltes Wasser. Jetzt ist auch die Aufgabenverteilung klar: Ein Fahrer, ein Mitarbeiter für unser körperliches Wohl und Surffotos, Bandula und sein Co Lehrer. Mit beiden Letzteren geht es dann endlich ins Wasser. Jasmin bekommt das breite Board schon kaum unter den Arm geklemmt und ist froh, als es endlich ins Wasser gleiten darf. Cool sieht anders aus!

Schon der erste Weg in die Wellen, mit dem scheinbar unbändigen Board im Schlepptau lässt erahnen, wie anstrengend die folgenden zwei Stunden werden. Die erste Runde sollen wir nur mit der Welle gleiten, um ein Gefühl für das Wasser zu bekommen. Dominik rauscht galant an Jasmin vorbei, sie zieht sich aufs Board und hat nur die drei Schritte im Kopf, nimmt die Welle und versucht aufzustehen. Die Füße sind völlig falsch platziert, die Nase des Surfbretts taucht ins Wasser und Welle, Surfbrett und Jasmin überschlagen sich nach wenigen Sekunden. Der Versuch kein Wasser zu schlucken wird keine Option sein. Prustend stapft Jasmin zu Bandula zurück ins Meer, welcher nur den Kopf schüttelt. „Erst einmal nur liegen bleiben, dann machen wir weiter.“ Nach unseren ersten drei Runden liegend, ist es dann so weit. Wir dürfen aufstehen. Wir versuchen es zumindest. Links und rechts platscht es nur. „Nicht das Knie, fester Fuß. Nicht das Knie, fester Fuß!“ Rufen die beiden Surflehrer ununterbrochen. Es will einfach nicht so recht klappen.
Bandula lacht und rät Jasmin weniger zu denken. Einfach machen! Nach unzähligen Versuchen, viel Wasser in der Nase und den ersten blauen Flecken vom Sturz auf den flachen Meeresgrund, geht es zurück an Land. Wir dürfen etwas trinken. Jasmin ist wie üblich Hals aufwärts knallrot. Das kühle Trinkwasser ist eine willkommene Abwechslung, denn die Kraft schwindet langsam. Am Strand müssen wir noch einmal beweisen, dass wir überhaupt verstanden haben, was zu tun ist. Beide zeigen wir in der Theorie das perfekte Aufstehen, das wackelnde Wasser bringt uns offensichtlich aus dem Konzept. Also wieder zurück in die Wellen. Nach weiteren Versuchen ist Jasmin so erschöpft, sodass denken nicht mehr möglich ist und steht. Quiekend und völlig aus dem Häuschen grinst sie Richtung Kamera. Die Wellen sind zwar nur klein, aber das Gefühl ist klasse. Der Spaß hält nur ein paar Sekunden, dann muss das doofe Board zurück durch die Wellen ins tiefere Meer gezogen werden.

Jasmins Begeisterung kann Dominik nicht teilen. Der blöde Fuß macht einfach nicht was er soll. Und so kann er sich stets nur ein paar Sekunden auf dem Board halten. Ist er selbst unfassbar stur, und probiert bis es gelingt, hat er auch den Ehrgeiz unserer Surflehrer geweckt. Ihr Motto lautet, jeder Schüler kann am Ende der zwei Stunden auf dem Brett stehen, auch Dominik? Jasmin gelingt es immer häufiger aufzustehen, aber die Kraft ist mittlerweile so geschwunden, dass sie die letzte Runde bis zum Strand surft. Der Surflehrer winkt und erlaubt ihr noch eine Runde zu surfen, aber sie sinkt erschöpft in den Sand. Dominik und Bandula stehen noch im Wasser, aber auch Dominks Kräfte lassen offensichtlich nach und so klopft ihm der Surflehrer auf die Schulter und sagt: „Manchmal lernen es die Frauen einfach schneller!“. Er versucht Dominik zu trösten und fragt ihn welchen Sport er macht, denn trainierte Bewegungsläufe wie das Laufen auf dem Ballen von Dominiks Laufeinheiten, sind hier kontraproduktiv.

Wir erhalten einen frischen Saft und gut duftende, kalte Handtücher. Eine wirkliche Wohltat. Völlig kaputt klettern wir in den Jeep und schauen uns auf der Rückfahrt die Schnappschüsse unserer Stunde an. Bandula gibt anhand der Bilder letzte Tipps und wir plaudern ein wenig. Die buddhistische Parade zieht noch einmal an uns vorbei, denn der Weg zum Tempel ist weit und sie immer noch tanzend auf dem Weg dahin. Da wir erahnen konnten, dass diese Sporteinheit ihre Spuren hinterlässt, haben wir in unserer Unterkunft ein Dinner bestellt. So lassen wir den Abend bei einem kleinen singalesischen Abendessen im beleuchteten Garten ausklingen.
Unseren letzten Tag in Tangalle genießen wir am Strand und beim Schlendern durch die kleinen Straßen. Dominik hat sichtlich Spaß daran, wie Jasmin auch ohne Surfbrett von den Wellen völlig überrumpelt wird. Mit baden hat das wenig zu tun, lustig ist es aber allemal. Das letzte Dinner in unserem Zuhause ist üppig, dafür hat unser Gastgeber aber offensichtlich vergessen zu sagen, seine Frau möge die europäische Variante kochen. Als Jasmin beim Salat auf eine Chilischote beißt, droht sie Feuer zu speien. Noch nie war ihr von scharfem Essen so schlecht. Die Schote scheint ein Loch in ihren Magen zu brennen. Nach ein paar Tränen und Schweißperlen wird besser gepickt. Lecker bleibt das Essen dennoch. Auch die letzte Nacht war dank der Hitze und den schreienden Pfauen, die offensichtlich zu Hauf im Park gegenüber wohnen, eher kurz. Zumindest sind wir mittlerweile erprobt in der richtigen Wickeltechnik des Mückennetzes. Mit der Hoffnung auf etwas kühlere Luft brechen wir auf Richtung Udawalawe. Es geht in die Wildnis!