#38 hektisches Sri Lanka

Ob wir keine Angst wegen der Anschläge am vergangenen Osterfest hätten, wurden wir gefragt als wir von unserer Reiseroute berichten. Ehrlicherweise haben wir uns da bei der Buchung keinerlei Gedanken darüber gemacht. Dennoch spürt man bei der Landung die Nachwirkungen des Attentats. Als wir den Terminal betreten leuchtet uns bereits ein Schild entgegen, Reisenden aus der EU erhalten seit August ihr Visum umsonst. Da wir auf ein Online Visum verzichtet haben, heißt es erst einmal Schlange stehen, um unsere Zugangsberechtigung zu erhalten. Dabei beweisen die Singalesen eine besondere Form der Ineffizienz. In Schlange 1 warten wir, um unseren Reisepass scannen zu lassen, in Schlange 2 werden wir anschließend kontrolliert und erhalten unseren Stempel in den Reisepass. Bisher hat noch jede andere Grenze das in einem Rutsch hinbekommen.

Vor dem Flughafen wartet Perrera auf uns. Unser Gastgeber der ersten Nacht bietet einen Abholservice an. Wir finden ihn erstaunlich schnell und sitzen in seinem Auto. Nur mühevoll gelingt es uns den Parkplatz zu verlassen, die Straßen sind heute besonders voll, bis uns ein Polizist beim Verkehr regeln stoppt. Er schaut ins Auto und winkt uns dann doch durch. Perrera schmunzelt, „Wahrscheinlich, weil er euch gesehen hat.“ Etwa 15 Minuten dauert die Fahrt, auf der er uns mit gutem Deutsch einiges über Land und Leute verrät. 28 Jahre hat er in Deutschland gelebt. Vor dem chaotischen Verkehr hat er sich die ersten 3 Jahre gedrückt, bis seine Frau genug davon hatte Chauffeur für ihn zu spielen. Wir können sein Zögern ein wenig nachvollziehen.

Als wir zum Frühstück auf den Balkon gebeten werden, sehen wir die Umgebung das erste Mal im Hellen. Mitten in der lauten Stadt Negombo sitzen wir gefühlt im Dschungel. Dominik versucht sich krampfhaft daran zu erinnern, ob es beim letzten Mal in Südostasien genauso schwül gewesen ist. Unentschlossen. Wir schwitzen uns durch das erste Frühstück unserer Reise. Auch die Singalesen mögen es offenbar süß am Morgen. Es gibt einen Obstteller, Toast mit Marmelade und natürlich schwarzen Tee.

Für die 26 km zum Busbahnhof benötigen wir fast 90 Minuten. „It´s a fight“ sagt Perrera lachend, als er sich in eine Lücke aus abbiegenden Autos schiebt. Wollen Jungs in Deutschland mal Stuntman werden, könnten Sie hier ihren Traum verwirklichen, sollte es mit einer Karriere im Filmstudio Babelsberg oder Hollywood nicht funktionieren. Kaum zu glauben das die 120km lange Busfahrt nach Unawatuna nur zwei Stunden dauern soll.

Durch eine kurze Toilettenpause auf dem Weg zum Busbahnhof, fährt uns ein Bus direkt vor der Nase weg. Die Busse folgen dabei keinem festen Zeitplan, hier wird gefahren, wenn er voll ist. Lange warten müssen wir aber nicht, wird uns versprochen und so steigen wir in den Nächsten ein. In der Tat geht es nach gut 30 Minuten schon los. Hupend schlängelt sich der Luxusbus durch die Straßen von Colombo, bis wir die Autobahn erreichen. Dort schiebt er die zu langsamen Fahrzeuge im zwei Minuten Takt hupend auf die langsame, linke Spur. An seichtes dösen während der Fahrt ist hier nicht zu denken. Dank unseres ersten Gastgebers gibt der Busfahrer uns ein Zeichen, als wir unser Ziel, eine Art Tuktuk Taxistelle zwischen Galle und Unawatuna erreichen. Die Luxusvariante der Busse beinhaltet hier übrigens eine vorhandene Klimaanlage und einen nur halb so waghalsigen Fahrstil der Busfahrer im Vergleich zu den Stadtbussen. Die Fahrt kostet 470 Rupien, etwa 2 Euro pro Person.

Ein TukTuk soll uns zu unserer neuen Unterkunft bringen. Noch vor Jasmins erster Fahrt soll sie an den TukTuk Fahrer verschachert werden. Dominik belädt in aller Ruhe das Vehikel. Wir einigen uns dann doch auf nur eine Fahrt zur Unterkunft und nach einem kurzen Anruf bei unseren Gastgebern ist auch klar wo es lang geht.  Angekommen wird uns direkt das Gepäck abgenommen, wir werden auf einen Stuhl gesetzt, bekommen Mangosaft und unser Gastgeber stellt sich vor. Er spricht wahnsinnig gut Deutsch, ohne jemals dort gewesen zu sein. Er berichtet von seinem Besuch an der Sprachschule, deren Konzept augenscheinlich hervorragend zu sein scheint. Als kleinen Bonus, weil wir Deutsche sind, erhalten wir noch ein gratis Update in ein größeres Zimmer. Wir hätten auch das Kleinere gerne genommen. Die Unterkunft ist sehr entspannt, sauber, aber durch die belebte Straße auch geräuschintensiv.

Den freien Nachmittag verbringen wir mit der Erkundung der Umgebung. Die Hauptstraße, die unmittelbar an unserer Unterkunft vorbeiführt, verbreitet die typisch asiatische Hektik. Einen Bürgersteig gibt es nicht. Die Überquerung der Straße, um die Shops zu inspizieren, wird zu einer kleinen Mutprobe. Immerhin können wir uns noch bis zum Strand vorkämpfen, um die Füße zumindest ein erstes Mal in den indischen Ozean zu halten, bevor wir uns in die andere Richtung zur Restaurant Empfehlung unseres Gastgebers durchschlagen. Es braucht drei Anläufe, um es zu finden. Meterangaben bei Wegbeschreibungen variieren hier deutlich. Überraschenderweise finden wir mehr als den erwarteten Reis mit Curry aus dem Reiseführer. Auch Gerichte mit Kartoffeln gibt es auf der Karte, wollte uns doch noch gefühlt jeder mit diesem Knollengreicht vor Abfahrt vollstopfen. Man weiß ja nie, wann diese wieder den Weg auf den Teller finden. In Dominiks Fall hat es gerade mal eine Woche gedauert. Die Singalesen sind erneut zuvorkommend, sie fragen sicherheitshalber dreimal, ob es scharf oder nicht scharf sein soll. Wir entscheiden uns natürlich für nicht scharf. Gute Entscheidung, das Essen ist spitze.

Den Abend verbringen wir auf der Veranda. Wir kommen mit unserer finnischen Zimmernachbarin Kaisu ins Gespräch. Wir unterhalten uns über Gott und die Welt, bis Kaisu plötzlich das Gesicht verzieht, unfreundlich die Stirn in Falten legt und patzig einwirft „Häh?“ Jasmin lacht. Zum Glück waren wir vor ein paar Monaten in Norwegen, daher wissen wir, dass Skandinavier diese Laute gerne und häufig innerhalb einer Konversation verwenden, wenn sie nachfragen oder etwas nicht verstanden haben. Wir lachen und erklären ihr, dass es aus deutscher Perspektive kaum unfreundlicher sein könnte. Haben unsere Eltern in unserer Kindheit doch viel Wert daraufgelegt, mit einem höflichen „Wie bitte?“ nachzufragen. Und so lachen wir viel über die stereotypen Eigenheiten der jeweiligen Kulturen und Touristen. Einer der Angestellte kann einige Anekdoten ergänzen und gesellt sich zu uns.

Bei 30 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von über 80% ist Bewegung so eine Sache. Sport steht dennoch auf dem Programm. Jasmin erfüllt sich einen Reisetraum und geht mit Kaisu zum Yoga. Bereits die Fahrt dorthin ist ein Erlebnis. Der TukTuk Fahrer drückt den beiden Damen sein Handy in die Hand, sie sollen ihn navigieren. Das Yoga Studio liegt ein wenig außerhalb und will sich nicht so recht finden lassen. So setzt er Beide nach einigem Nachfragen mitten auf dem Land aus. Angeblich sollen sie nur der Straße folgen. Der Weg sieht merkwürdig aus. Rechts und links sind sehr einfache Häuser zu finden, manchmal riecht es nach Fäkalien. Sie drehen um. Vielleicht ist es die falsche Straße. Fragen können sie niemanden, aber der Zufall bringt sie auf den richtigen Weg. Ein Einwohner lacht sie an, fragt „Yoga?“ und zeigt weiter die Straße herunter. Die Sportkleidung hat offenbar Beide verraten. Endlich das erste Schild und nach einem Marsch durch das Dorf, über Reisfelder und über einen Hügel, erreichen beide das Studio eine Minute nach Kursbeginn. Sie bezahlen knapp 10 Euro und dürfen sich in die letzte Reihe schleichen.

Der Platz ist einfach zauberhaft und nur schwer zu beschreiben. Der Blick in den Dschungel, die hölzerne Pagode, unter der der Kurs stattfindet, die Geräuschkulisse mit kreischenden Affen, der Salzwasserpool nebenan, es ist wie im Traum. Die ersten 30 Minuten sind mehr als schweißtreibend und für Jasmins Kreislauf wirklich eine Herausforderung, aber dann finden Dehnung und Entspannung ihren Weg und es wandelt sich in körperlichen Genuss. Das Lächeln wird größer. Die Yoga Lehrerin hat eine angenehme Stimme, am Ende singt sie sogar. Das war die Anreise mehr als wert.

Ein paar Kilometer entfernt, schwitzt Dominik mit. Während die beiden Mädels beim Dschungel-Yoga sind, versucht er sich im gewohnten Kardiotraining. Da Waldwege genauso Mangelware sind, wie ein ruhiger Bürgersteig, geht es für 500 Rupien umgerechnet 2,50EUR in das lokale Gym, der etwas naiven Annahme folgend, das Gym sei klimatisiert. Immerhin ist das Fenster auf. Nach einer Viertelstunde auf einem Ergometer, bei dem sich die Sitz Position nicht ändern lässt, wechselt er auf das vertraute Laufband. Nach weiteren 30 Minuten ist das Shirt klatsch nass, so geschwitzt hat Dominik nicht einmal beim Marathon.