Die Zufriedenheit vom Besuch des goldenen Umwegs trägt uns in den Abend und lässt uns einen kleinen Zwischenstopp an der Festung Steinvikholmen einlegen. Trotz ausgeschilderter Route schlängelt sich der Weg abenteuerlich schmal an neugierigen Kühen vorbei. Die Verteidigungsanlage aus dem 16. Jahrhundert ist schnell erkundet. Für uns nach diesem Tag jedoch eher ein Spaziergang mit Juli, als eine kulturelle Bereicherung. Manchmal muss auch einfach nur getobt werden!

Besuche von größeren Städten sind für uns immer eine kleine Herausforderung. Für Frieda müssen wir einen sicheren und für ihre Größe passenden Parkplatz finden. Wir brauchen etwas Freiheit, da entweder Hinterteil oder Schnauze unseres Busses über den Bordstein hängen müssen, um nicht die Straße zu versperren. Juli ist zwar ein Großstadtbeagle, verfällt jedoch aufgrund von Langeweile schnell in einen Fresswahn und sammelt jeden Krümel vom Gehweg auf. Stadterkundungen werden so oft zu einem kleinen Hindernislauf und sind vom gemütlichen Flanieren und Treiben lassen in einer Stadt eher weiter entfernt. So ein Ausflug in die Zivilisation will also vorbereitet sein. Wir finden Nahe Trondheim einen Parkplatz an einer abgelegenen Straße im Wald. Der Parkplatz scheint zu einer Art Museum zu gehören, welches nur an bestimmten Tagen geöffnet ist und durch einen Verein betrieben wird. Eintrittspreise gibt es auch nicht. Merkwürdig, aber für eine Übernachtung genügt es. Wir achten beim Campen stets darauf ein wenig verdeckt zur Straße zu stehen. So offensichtliche Plätze wie hier, nutzen wir selten. Beim Zähneputzen abends ist es schon stockfinster. Immer wieder rasen Autos die Straße entlang. Irgendwie ist dieser Parkplatz seltsam. Wir liegen gerade im Bett als zwei Autos auf den Parkplatz rauschen. Wer parkt hier nachts? Ein wenig nervös starren wir angestrengt durch den kleinen Spalt in unserem Fenster in die Dunkelheit. Ein PKW und ein weiterer mit einer Art Anhänger stehen quer auf dem Platz. Die beiden Fahrer huschen um die Autos herum. Mehr ist nicht zu erkennen. Auf unserer ganzen Skandinavien Reise ist dies die einzige Situation, in der wir uns für ein paar Minuten unwohl gefühlt haben. Aber auch hier zeigt sich schnell, dass das Gedankenkarussell wilder ist als die Realität. Der Mann aus dem Fahrzeug mit dem Anhänger scheint Landwirt zu sein. Hinter dem Parkplatz befindet sich eine Kuhweide. Offensichtlich sind es seine Tiere. Er ist die ganze Nacht auf der Koppel und fährt erst als wir am nächsten Morgen mit unseren Müslischüsseln in der Hand über die Situation am Abend zuvor lachen.

Um Juli beim heutigen Trondheimbesuch im Camper zu lassen, drehen wir noch eine Runde durch den Wald mit ihr und brechen endlich mal wieder in eine Großstadt auf. Trondheim hat eigens für Camper einen großen Parkplatz eingerichtet, von dem es nicht weit in die Innenstadt ist. Schon die ersten Straßen versprechen einen schönen Tag in der Stadt. Wir schlendern durch den Stadtkern, verlaufen uns hier und da ein wenig, aber es ist uns egal, denn wir haben uns sofort verliebt. Die Holzhäuser dicht an dicht und jedes in einer anderen Farbe, anderen Bauweise. Trondheim ist architektonisch genau nach unserem Geschmack. In der Stadt herrscht ein buntes Treiben. Heute scheinen sich einzelne Vereine der Region vorzustellen. Die Fußgängerzone ist gefüllt mit Menschen, an den einzelnen Ständen bilden sich Grüppchen, von irgendwo sind Instrumente zu hören. Es ist belebt, aber nicht überlaufen. Es ist Mittagszeit, wir haben schon einige Kilometer erlaufen und es wird wirklich Zeit etwas zum Essen zu finden. Nachdem wir Fast Food Preise mit Restaurantpreisen verglichen haben, entscheiden wir das der Preisunterschied nicht so erheblich ist. Heute gehen wir also einmal essen. Wir finden ein zentrales, aber mit vielen Gästen gefülltes Diner – es gibt Burger. Das Essen ist gut, die Portion gerade so sättigen. Dipps, Pommmes, Burger werden einzeln berechnet und so zahlen wir am Ende ca. 60 Euro für 2 Personen, aber der Besuch hat sich für uns gelohnt, endlich wieder Großstadtfeeling.
Wir bitten den Kellner noch um ein, zwei Insidertipps. Er empfiehlt uns neben den klassischen Sehenswürdigkeiten einige Bars und Restaurants für den Abend. Wir schlendern von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit und finden immer mehr gefallen an dieser kompakten Stadt. Für eine bessere Aussicht besteigen wir nach dem Besuch am Nidarosdom die Burg Kristiansten Fortress. Von hier aus hat man eine herrliche Sicht über die Stadt. Auch Trondheim hat ein, zwei Türme die von oben betrachtet wirklich das Stadtbild zerstören, aber es sind die kleinen Holzhäuschen und das muntere Treiben, die es uns angetan haben. Heute geht es besonders wild zu, denn in der halben Innenstadt ist eine Strecke für einen Rollski Wettkampf abgesperrt. Wir fragen einen Streckenposten und erfahren, dass wir heute die Elite zu sehen bekommen, sogar das Fernsehen überträgt. Nur schweren Herzens begeben wir uns Richtung Frieda. Wettkampf, Stadt und Menschen haben uns gefesselt.

Es wird wieder Zeit für einen Tag nach Beagles Geschmack – wir wollen wandern und so fahren wir in Richtung Oppdal. Nach dem langen Tag in Trondheim haben wir auf halber Strecke einfach keine Lust mehr weiterzufahren und genießen die Flexibilität, die Frieda bietet. An einem kleinen See halten wir kurzfristig an. Vor einer Schranke parken bereits einige Camper, nicht der schönste Platz, aber für die Nacht ist es ok. Der nächste Morgen beginnt unheilvoll, Jasmin hat sich offenbar vertreten. Die Wanderung wird verschoben – die Gelegenheit für einen letzten Waschtag. Wir schlafen auf dem dritten und letzten Campingplatz unserer Skandinavien Reise. Die Besitzerin ist sehr freundlich und spricht sogar ein wenig deutsch. Wir kommen ins plaudern und erfahren, dass der Grund für die schmerzhaft hohen Preise für Schokolade durch die gestiegene Zuckersteuer entstanden sind (eine große Tafel Schoki kostet circa 5 Euro). Sie erzählt uns außerdem, dass sie Norwegen, die Landschaft und die Berge liebt, aber gleichzeitig froh ist einmal im Jahr nach Deutschland zu Freunden „fliehen“ zu können, um die Weite der Ostsee zu genießen. Nur die vollen deutschen Autobahn würden sie doch ein wenig überfordern. Nicht nur die Inhaberin, auch der Campingplatz ist wirklich nett. Wir stehen direkt am Fluss, können dort an den Stromschnellen spazieren, lassen die Wäsche im Wind trocknen und genießen sogar einen Saunagang am Abend in der Campingplatz eigenen Sauna.

Auf dem Weg nach Kristiansand legen wir einen Stopp zum Wandern für Juli und Dominik ein. Jasmin darf auf dem Berg in der Sonne sitzen bleiben und auf beide warten. Unsere Route soll uns weiter Richtung Atlantikstraße führen, aber heute übernachten wir auf einer Insel kurz hinter Kristiansand. Wir wollen die Nachmittagssonne noch genießen, der nächste Regentag kommt gewiss. Wir stehen auf einem Parkplatz mit Meerblick, haben die Hecktüren weit geöffnet und wollen uns gerade eine Pizza zaubern, als ein älterer Norweger stehen bleibt und Frieda bewundert. Er ist redselig, zum Glück, denn wir lernen gerade einen echten Seefahrer kennen. Schon in jungen Jahren hat er vielseitige Gelegenheitsjobs angenommen, so hat er unter anderem im Wald gearbeitet, auf einem Walfänger angeheuert und später in der Ölindustrie gearbeitet. Wir lernen von ihm, dass die hohen Einkommen in Norwegen durch die Streiks in den 70er Jahren entstanden sind. Die Ölindustrie hat die Gehälter angehoben, alle anderen Industrien sind mitgezogen. Mit einem Schmunzeln und angewidert zugleich erzählt er Jasmin, welche Ölabfallprodukte in ihrer Schminke zu finden sind und dass er die Arbeit im Ölsektor nie so richtig mochte. Menschlich hat es einfach nicht gepasst. Genauso wenig ist er ein Fan der Bewohner von Oslo. Er empfindet sie als etwas arrogant. Die Menschen im Norden hingegen, wären anders. Der Unterschied wäre auch in der Politik Norwegens zu spüren. Die Entscheidungen der Politiker in Oslo wären nicht im Sinne der Menschen auf dem Land im Norden. Einen Eindruck den wir in Skandinavien nicht zum ersten Mal gewinnen. Ganz anders berichtet er von seinen Seefahrten und wieviel er von der Welt dadurch gesehen hat, seiner Lieblingsinsel Neuseeland und der Apartheit in Südafrika in den 70er Jahren. Eine Frage die Jasmin ihm einfach noch stellen muss, ob er jemals Angst hatte auf hoher See zu sterben. Er antwortet: „Mehr als einmal“ und seine Augen verraten wie sehr. Die Pizza ist fast fertig, als wir uns verabschieden. Wieder eine dieser Begegnungen, die aus Urlaub eine Reise machen.
