#18 der goldene Umweg

Jasmin liebt Internetrecherchen. Und so ist sie bei der Erkundung der Region um Trondheim auf den „goldenen Umweg“ gestoßen. Auf der Halbinsel Inderøy haben sich Bauern und Künstler vereint, um das Freizeitangebot auf der Halbinsel zu verbessern. Die Tour verspricht Kunst, Kostproben und Leckereien und so übernachten wir an einem Strand im Norden der Halbinsel, um das Schlemmen am nächsten Tag in vollen Zügen genießen zu können. Wir schlafen herrlich gut. Es ist absolut dunkel und ruhig. An unserem Strand finden wir am nächsten Morgen die schönste Naturdusche. Das Wasser ist zwar kalt, aber die Sonne scheint. Neben dem Strand ist eine kleine Fußballanlage und glücklicherweise liegen auch zwei Fußbälle in einem der Tore. Unser Morgensport besteht heute also aus Linienlauf und einem kleinen Match: Dominik versus Jasmin. Das Spiel ein Kopf an Kopf Rennen zu nennen, wäre vielleicht zu viel des Guten, aber umso größer war der Spaßfaktor. Geduscht und gestärkt starten wir unsere kulinarische Tour.

Wir haben uns vier Stationen herausgesucht, die uns besonders zusagen. Wir sind außerhalb der Saison unterwegs, in Norwegen ist der Sommer quasi vorbei, und so haben wir für jede Station nur eine Stunde inklusive Fahrtweg. Wir starten mit der Gangstad Gårdsysteri (Käserei). Ein Bilderbuchhof. Einzelne Häuser können besichtigt werden und es gibt natürlich einen Hofladen. Hergestellt wird hier vor allem preisgekrönter Käse und Eis. Wir verköstigen einige Käsesorten. Grundsätzlich scheinen die Käse hierzulande alle eher etwas milder zu sein. Und natürlich kommen die Norweger auch hier nicht ohne etwas Süßes aus. Die freundliche Dame schmiert auf jedes Probehäppchen direkt Marmelade von der Dattel oder vom Sanddorn. Gefühlt mögen die Norweger es immer alles etwas süßer, als wir es gewohnt sind. Der Käse schmeckt dennoch hervorragend und nach einigen Sorten entscheiden wir uns für einen schlichten, zarten Camembert. 12:00 Uhr ist nicht zu früh für ein Eis. Und so probieren wir uns durch die wirklich lobenswerten Eissorten des Hofes. Was für ein guter Start.

Der Zeitplan drängt. Wir fahren zu Hof Nummer Zwei, die Inderøy Distillery. Alle Nichtfahrenden haben hier auf ein Probeschlückchen gehofft. Alkohol mit einem höheren Alkoholgehalt als 4,75% werden in Norwegen aber über das Vinmonopolet, einer staatlichen Aktiengesellschaft verkauft und sind somit auch im Bauernladen nicht zu finden. Wir werden dennoch nicht enttäuscht. Der Hofladen verkauft weitere Köstlichkeiten wie Kaffee, Tee, Pesto, Gewürze, Öle. Das stöbern macht Spaß. Wir kommen mit der Dame des Ladens ins Gespräch. Sie fragt wonach wir suchen, lacht und sagt, wir sind doch Deutsche, wir hätten doch eh den ganzen Camper voll Essen aus der Heimat. Wir schmunzeln, müssen sie aber enttäuschen. Nach mittlerweile mehr als sieben Wochen unterwegs sind in dem Camper eher schwedische und norwegische Produkte an Board. Es ist ein unterhaltsames Gespräch, ein schöner Besuch, auch ohne alkoholische Kostprobe, aber mit ein paar köstlichen Kleinigkeiten reicher, fahren wir zufrieden mit Frieda zum nächsten Hof.

Diesmal eine Brauerei namens Inderøy Gårdsbryggeri. Ein junger Mann Mitte Zwanzig empfängt uns. Der Hof gehört seinem Onkel. Dieser hat eine deutsche Frau geheiratet und in seiner Zeit in Deutschland gelernt wie man Bier braut. An der Wand hängen einige Zeitungsartikel. Wir entdecken unter anderem einen, der den Onkel auf der grünen Woche in Berlin zeigt. Viele der Sorten sind uns bekannt. Als Düsseldorfer eigentlich verpönt kaufen wir am Ende neben Met und Pilsener nach norwegischer Art auch ein Kölsch. Wir sind gespannt wie ein Norweger heimisches Bier braut. Jeder weiß, dass Alkohol in Norwegen seinen Preis hat und dennoch ist es für uns merkwürdig für eine Flasche Bier ca. 7 Euro zu bezahlen.

Für unsere letzte Station bleibt uns noch genug Zeit. Wir besuchen die Bäckerei Gulburet. Für unseren Camembert suchen wir hier das passende Brot. Das labbrige, immer sehr Toastähnliche, Brot aus dem Supermarkt ist uns mittlerweile wirklich über. Manchmal sucht man etwas, findet aber etwas ganz anderes. Während wir durch den kleinen Laden schleichen, vertieft uns seine Besitzerin immer wieder in ein Gespräch und so kommen wir ins plaudern. Wir philosophieren über Land und Leute, über die Sprache, die Politik. Sie zeigt uns ihr kleines Cafe in der oberen Etage. Das Dachgeschoss ist so gemütlich, dass wir nicht anders können. Wir bestellen ein Stück Kuchen, eine Tasse Kaffee und einen Tee. Das Kuchenstück ist extra groß und wird uns mit zwei Gabeln serviert. Jasmin bekommt eine ganze Teekanne für sich und Dominik darf so viel Kaffee trinken wie er möchte. Lediglich den leckeren Kuchen müssen wir vor der hauseigenen Katze verteidigen, die sich zwischen uns auf das Sofa gemogelt hat und um den leckeren Geschmack des Kuchens zu wissen scheint. Es ist unser bester Kuchen in Norwegen. Kurz vor Ladenschluss müssen wir uns noch für ein Brot entscheiden. Wir berichten der Bäckerin, dass wir Norwegen lieben, aber leider zugeben müssen, dass wir nach so langer Zeit das deutsche Brot doch vermissen. Aufgeregt fährt sie alles auf und gibt uns eine Kostprobe ihres Körnerbrotes. Es ist verdammt nah an dem was wir kennen und vermissen. Sie freut sich über unsere Mhhhs und Ohhhs, die keineswegs übertrieben sind. Zum Abschied gibt sie jedem von uns noch ein norwegisches Plunderstückchen gratis mit. Sie meint es wäre das perfekte Dessert zu unserem Brot mit Camembert am Abend. Es ist eine der schönsten Begegnungen in Norwegen für uns.

Manchmal hat man beim Reisen das Glück, etwas zu entdecken, bevor es durch den Tourismus an Authentizität verliert. Wir sitzen in unserem Bus, fahren weiter Richtung Trondheim, beide satt glückselig grinsend.