#17 Himbeerkuchen

Wir vermissen das Campinggefühl. Es wird Zeit wieder mehr im Grünen zu stehen. Der Weg dahin ist zumindest für Jasmin eine Herausforderung. Hat sie doch geschworen keine Fähre mehr zu fahren, stehen wir nun in der Spur Nummer 1, wartend auf das Schiff, das uns zum anderen Ufer bringt. Der Umweg an Land würde uns mehr als 4 Stunden Fahrt kosten, die Überfahrt nicht mal eine Stunde. Wir fahren also Fähre. Die Fahrt entpuppt sich als eine herrliche Fjordfahrt bei untergehender Sonne mit einem tollen Rundumblick in die Natur.

Nicht weit von der Fähranlegestelle finden wir ein lauschiges Plätzchen an einem Fjordarm und stehen fast ganz allein. Wir spazieren am Ufer und lassen Juli Kekse aus dem Wasser fischen. War sie einst sehr wasserscheu, kann sie vom Ball ins Wasser werfen mittlerweile nicht mehr genug bekommen. Bis heute. Juli macht hastige Schwimmbewegungen, es sieht aus als würde sie um ihr Leben paddeln. Sie macht einen Satz aus dem Wasser wie eine Katze, die von einer Hupe aufgeschreckt wird und schaut sich panisch um. Früher hätte uns das beunruhigt. Nach mehr als sechs Jahren mit ihr sind wir die Ruhe selbst. Eine Alge hat sie beim Schwimmen berührt. Sie ist nicht mehr ins Wasser zu bekommen. Die Pfoten dürfen nass werden. Auch mit Belohnung, Mut zu sprechen und Streicheleinheiten, ist sie nicht davon zu überzeugen, dass Algen harmlos sind. Alle Bälle die weiter fliegen, muss Dominik mit hochgekrempelten Hosenbeinen selbst rausfischen. Der Tag endet zumindest für Dominik und Jasmin erfolgreich. Wir verbringen einen gemütlichen Abend mit kitschigem Sonnenuntergang unter freiem Himmel. Endlich mal wieder.

Ab jetzt lassen wir uns treiben. Wir starten mit einer Frühsporteinheit in den Tag. Die erstmalige Benutzung unserer Campingdusche überrascht durch ein wirklich gutes Duschgefühl, führt aber auch zu einem schlechten Gewissen. In die Dusche passen ca. 10 Liter und wir benötigen zu zweit mit ausführlichem Duschen knapp die Hälfte. Zuhause würde das sicher anders aussehen.

Für die Weiterfahrt haben wir keine konkreten Ziele, nur ein paar Marker auf unserer Landkarte von möglichen Wanderungen, Sehenswürdigkeiten und schönen Plätzen. Wir halten spontan im Saltfjellet-Svartisen Nationalpark und finden einen der schönsten Stellplätze seit langem. Umgeben von reißenden Flüssen stehen wir auf einem spitzen Landvorsprung mitten im Wald. Der Nationalpark ist unfassbar liebevoll aufbereitet. Es gibt eine tolle Hängebrücke über einen der Flüsse, ein kleines Areal, das alle heimatlichen Bäume beherbergt und gut ausgeschilderte Wanderwege. Vor allem aber hat es uns die Discgolf-Anlage angetan. Wir machen uns für einen harten Zweikampf am nächsten Tag bereit. Im Nationalparkcenter können wir uns umsonst einen Beutel mit Frisbeescheiben ausleihen. Norweger vertrauen noch! Eine Beobachtung, die wir auf unserer Reise immer wieder machen. Wir müssen keinen Pfand hinterlegen, sollen nur den süßen, bedruckten Beutel mit den drei Frisbees wieder bringen.

Unser Discgolfspiel ist ein Kopf an Kopf rennen. Wollten wir anfangs nur ein paar Runden spielen, hat uns nun der Ehrgeiz gepackt. Es ist doch unterhaltsamer als erwartet und der Parcours zunehmend schwerer. Wir sind glücklicherweise die Einzigen im Wald. Es ist kein heroisches Bild uns zwei spielen zu sehen. Es wird gefachsimpelt, Stand und Arm korrigiert, Anlauf genommen, die Frisbee segelt tatsächlich und prallt dann doch vom Baum ab. An der letzten Station läuft Jasmin zu Höchstleistungen auf und lässt die Scheibe in ein wildes, ungemähtes Feld segeln. Es vergehen einige fluchende Minuten, bis wir die Frisbee wiederfinden. Wir können die Norweger schließlich nicht enttäuschen und bringen am Ende alle drei Scheiben zurück.

Wir sind im Duellmodus und so nutzen wir den Kletterparcours im Wald für einen weiteren sportlichen Wettkampf. Nach drei Durchläufen ist klar, Dominik ist der bessere Kletteraffe, Jasmin muss sich knapp geschlagen geben. So viel Aktivität verlangt eine Stärkung. Auf uns wartet ein Kuchen! Manchmal sind es die kleinen Dinge, die uns am meisten bewegen. Neigt sich unsere Reise in Skandinavien dem Ende und müssten wir unsere Reisehöhepunkte benennen, zählt dieser für Jasmin dazu. Morgens beim Zähneputzen im Grünen hat sie einen Himbeerstrauch im Wald entdeckt. Es stellte sich heraus, es gibt mehr als einen davon.

Wir stehen umringt von Himbeeren und Johannisbeeren. In Skandinavien Beeren zu pflücken gehört irgendwie beim Reisen durch diese Länder dazu. Noch vor dem Frühstück stehen wir also in den Sträuchern und sammeln Beeren. Wir sammeln, Juli frisst sie.

Wir müssen uns beeilen, um schneller als der Hund zu sein. Fein säuberlich zupft Juli die Himbeeren mit ihrer Schnute vom Strauch. Dennoch sind in unserer Schale am Ende deutlich mehr Beeren als für das Müsli am Morgen notwendig und so gibt es heute einen Himbeerkuchen mit Eischneedecke. Kuchen im Camper ist immer wieder ein Abenteuer und schmeckt am Ende deutlich besser als zuhause. Wir fühlen uns so wohl, dass wir noch eine Nacht bleiben. Den nächsten Tag starten wir mit einer Besichtigung des kleinen Museums im Center des Nationalparks und halten im Anschluss Kurs Richtung Trondheim.