Die Enttäuschung über die abgesagte Waltour sitzt noch tief. Aber für den zweiten Anlauf sind wir besser vorbereitet. Unser Lieblingsmitarbeiter bei der Walsafari hat uns vor Abfahrt noch einige Eckdaten genannt anhand derer wir in etwa abschätzen können, ob eine Waltour stattfindet. Die Wellen sollten nicht höher als 1,70m sein, der Wind nicht stärker als 13m/s und er sollte im besten Fall nicht aus Nordost kommen. Obendrein gab es eine App Empfehlung, mit der wir die Werte prüfen können. Auch wenn das Wetter sich stetig ändert, können wir so zumindest die Wahrscheinlichkeit erhöhen und zu gegebenem Zeitpunkt einen geeigneten Rückreisetag nach Andoya wählen.
Die Lofoten sollen den Kummer der abgesagten Tour vertreiben, wenn gleich wir ein wenig Respekt vor Regionen haben, die touristisch derart beliebt sind. Auch wenn wir mit Mitte August schon außerhalb der Hauptsaison unterwegs sind, scheuen wir Touristenmassen doch sehr. Nach der „Enttäuschung“ über die Insel Senja starten wir darüber hinaus mit gemischten Gefühlen. Die gesunkene Erwartungshaltung fängt jedoch ein junges französisches Pärchen wieder auf. Wir kommen an einer Tankstelle ins Gespräch, da wir unsere Autos gegenseitig bewundern. Wir fahren zufällig den gleichen Hersteller und die Marke Selbstausbau. Wir verquatschen uns ein wenig und erfahren, dass die Fährpreise bis 6,00m bei Wohnmobilen gelten. Das französische Auto hat Überlänge und zahlt somit auf der Fähre auch gerne einmal 50% mehr als wir. Glück gehabt Frieda.
Es ist ein klassisches Gespräch unter Campern, wer kommt von wo und fährt wohin, reist wie lange und will welche Länder sehen. Schnell finden wir einige witzige Gemeinsamkeiten. Wir planen jeweils 1 Jahr unterwegs zu sein, haben unsere Jobs gekündigt, unterbrechen unsere Reise jeweils und fahren zu einer Hochzeit in die Heimat und besonders witzig – wir hatten dieselbe Waltour gebucht. Wir wären auf dem gleichen Schiff gewesen. Da die Beiden aus dem Süden Norwegens anreisen, haben sie die Lofoten bereits besichtigt und schwärmen. Wir verabschieden uns mit ein, zwei Reisetipps und fahren etwas entspannter in Richtung Lofoten.
Die erste Nacht verbringen wir auf einer der Inseln kurz vor den Lofoten in der Nähe der Bucht Indre Pollen auf einem Rastplatz. Der Platz ist eher ok, aber wir sind allein, der Ausblick in die Berge schön und vor allem stehen genug Bäume dort für unsere Wäscheleine. Uns gehen die Schlüppis aus. Es ist Waschtag!
Am nächsten Tag soll gewandert werden. Wir wollen endlich auf die Lofoten, aber die Wäsche wird partout nicht trocken. Bislang haben wir immer genug Zeit zum Trocknen eingeplant, aber diesmal drängt die Reiselust. Die Wäsche muss irgendwie mit, also spannen wir eine Leine quer durch Frieda. Ab sofort erfordert es die Bewegungsfähigkeit eines Superschurken, der die Laser im Tressourraum umgehen will, um unseren Camper zu betreten, aber wir können weiter. Die Landschaft verändert sich rasant. Eine Autofahrt mit vielen Eindrücken, in dem sonst so gemütlichen Norwegen.
Wir brauchen einen Ausblick und so wandern wir am ersten Tag auf den Lofoten auf den Gipfel des Tuva. Schnell zeigt sich, die Lofoten sind kompakt. Es ist nicht überall Platz für einen Wandererparkplatz. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit bis wir einen Geeigneten finden. Noch weniger Platz war dann offensichtlich für den Start des Wanderwegs. Es ist ein schmaler Pfad zwischen zwei Grundstücken, der eher einem Erdrutsch gleicht und daher wird er von uns, trotz zweier Hinweisschilder, erst im zweiten Anlauf gefunden. Das Wetter verspricht eine hervorragende Aussicht, aber die Sonne quält uns auch beim Aufstieg. Es geht kurz und steil hinauf. Hier und da hängt ein Seil, um sich die Felstreppen besser hochziehen zu können. Kurz vor dem Gipfel muss Jasmin aufgeben. Der rote Kopf und der Mangel an Schattenplätzen zwingt den letzten Schattenplatz hinter einem Felsbrocken zu ergattern. Während sie hinter dem Stein in der Kühle kauernd wartet, erklimmen Juli und Dominik den 477m hohen Gipfel.
Nach dieser Wanderung sind wir so durchgeschwitzt, dass es nicht ohne Dusche geht. Auf den Lofoten wird es schwierig mit Naturbaden, aber am Strand Kalle gibt es Umkleideräume und auch eine Dusche, die sich für 2,50 Euro mit Kreditkarte öffnen lässt und sogar über warmes Wasser verfügt. Ein Traum!
Leider ist campen hier verboten und so brauchen wir einen anderen Schlafplatz. Auf unserer Reise haben wir selten lange suchen müssen, aber die Lofoten sind für Wildcamper eine echte Herausforderung. Es gibt nur noch wenige Plätze an denen man wild aber legal stehen kann und so suchen wir am ersten Abend bis in die Abendstunden nach einem geeigneten Platz.
Die Schönheit der Lofoten liegt in den Inseln selbst. Wie kann man diese also besser genießen als beim Wandern. An Tag zwei soll es eine Strandwanderung mit Aussicht sein. Wir fahren nach Eggum. In unserer kleinen Broschüre ist hier ein Rastplatz verzeichnet, der in Form eines Amphitheaters angelegt ist. Vor Ort zeigt sich wieder, dass die Bewohner der Inselgruppe vom Tourismus leben, denn den Rastplatz erreicht man nicht ohne eine Art Mautgebühr zu zahlen. Uns behagt die uncharmante Art, wie die Gebühr gefordert wird nicht ganz und daher versuchen wir unsere Wanderstrecke von einem anderen Punkt zu erreichen und fahren zum Unnstad Strand. Hier kann man direkt mit Meerblick campen, steht allerdings nicht sonderlich gemütlich und die WCs wirken wenig einladend. Solche Plätze kann man in Norwegen über verschiedene Wege bezahlen. Zum einen gibt es die App Vips, die allerdings nur von Einheimischen genutzt werden kann. Alternativ werden manchmal Bankdaten für eine Überweisung angegeben oder ein Briefkasten zum Einwerfen von Bargeld aufgehängt. Wir stehen uneben und irgendwie ist es einfach nicht unser Platz. Wir kehren frustriert um und kurz vor dem Tunnel, der uns von der Bucht wieder wegführt, ist er da – ein Wandererparkplatz.
Wir starten mit ein paar Metern mehr unsere Tour und stehen schon nach kurzer Zeit auf einer Weide voller Schafsscheiße, aber wirklich voller Scheiße. Der Boden ist kaum zu sehen. Es stinkt. Mit Juli müssen wir uns dicht an den Schafen vorbeischlängeln. Schafe sind wahre Kletterkünstler und so findet man ihre Hinterlassenschaften auch auf dem schmalen Felspfad, der zu einer Seite für Jasmins Geschmack ein wenig zu steil und tief in Richtung Brandung geht. Zudem nieselt es heute leicht. Der Boden ist rutschig, unsere Wanderschuhe haben nicht das beste Profil. Nachdem wir Juli eine Felswand hochheben müssen, um weiterzukommen, entscheiden wir uns die Wanderung abzubrechen und einen anderen Wanderweg zu suchen.
Auf dem Rückweg zeigt plötzlich ein Schild einen Trampelpfad zwischen zwei Berggipfeln entlang. Dann wählen wir eben diese Route. Der Weg schlängelt sich ins Grüne gemütlich an einem Bachlauf entlang. Plötzlich stehen wir in den Wiesen, in absoluter Stille, wären da nicht das übliche „Mäh“. Die Wanderung endet ohne sonderlichen Ausblick, schön war es dennoch. Unseren Wanderparkplatz finden bis zur späten Stunde noch einige weitere Camper und so steht Frieda in der Nacht in guter Gesellschaft und das erste Mal wieder im Dunkeln. Bislang war es durch die Mitternachtssonne auch nachts nie richtig dunkel. Wir hatten uns an die durchgehende Helligkeit schon so gewöhnt, dass sämtliche Taschenlampen in Tiefen Friedas verschwunden sind.