Wir wollen endlich Wale sehen und verlassen Senja in Richtung der Insel Andoya. Wir sind clever und sparen uns Weg und entsprechende Reisezeit und nehmen die Fähre. Sie verbindet den Gryllefjord von Senja und Andenes auf der Insel Andoya. Die Überfahrt dauert knapp 1,5h. Und was für 1,5h! Bei bestem Wetter und wenig Wind verlassen wir den Fjord. Wir sichern uns einen guten Platz an Deck und nutzen die Zeit noch für ein Foto hier und da – bis wir den Fjord verlassen und plötzlich auf offenem Meer sind. Am Festland einen Punkt zu fixieren, um nicht seekrank zu werden, stellt sich plötzlich als Herausforderung heraus. Das Schiff neigt sich so stark gen Himmel, dass das Festland am Horizont immer wieder für kurze Zeit verschwindet. Mal schauen wir in die Wolken, mal in die Tiefe des Meeres. Noch an Board entscheidet Jasmin niemals wieder ein Schiff zu besteigen.
Fünf Minuten nachdem wir an Land sind, finden wir uns beim Anbieter unserer Waltour wieder und Jasmin bringt Größe des Schiffes, den Neigungsgrad bei Seegang und Dauer der Fahrt in Erfahrung. Der Mitarbeiter an der Information könnte mit seinem Charme durchaus herausforderndere Produkte verkaufen als Waltouren und schafft es uns beide durchaus wieder zu beruhigen. Der Seegang heute ist so stark, dass keine Waltouren stattfinden. Wir sollen vorab viel Essen, denn die meisten Menschen machen den Fehler auf Essen vor der Schiffsfahrt zu verzichten, frei nach dem Motto: dann kann ja auch nichts wieder raus wollen – Irrglaube. Frühstück und vorab viel Wasser trinken beschäftigt den Magen, außerdem hilft eine Reisetablette. Wie geloben alles für unsere Tour zu berücksichtigen und begeben uns mit Frieda auf die Suche nach einem guten Schlafplatz.
Unser erster Stopp kommt für uns nicht als Schlafplatz in Frage, da zu viele Camper diesen bereits für sich entdeckt haben, ermöglicht uns aber einen entspannten Spaziergang am Strand. Andoyas Strände zählen zu den schönsten Norwegens und das definitiv zu Recht. Damit dies auch so bleibt, vor allem aber um die Meeresbewohner zu schützen, hat einen Umweltorganisation eine Initiative ins Leben gerufen, bei der man als Strandspaziergänger gefunden Müll in eine Tüte packen und hinter einem Felsen verstecken kann. Die Umweltschützer fahren mit dem Boot die Strände ab und sammeln diese ein, frei nach dem Prinzip „alle helfen mit“. Unser Spaziergang gewinnt an Action als plötzlich 100m von uns entfernt ein Helikopter landet. Ein Insasse springt heraus, die Blätter rotieren mit einem ohrenbetäubendem Lärm weiter, der Sand wird auf gewirbelt, die gleiche Person kommt zurück, springt in den Hubschrauber, das Getöse wird lauter und schon hebt er auch wieder ab – selbst Piloten müssen wohl mal pinkeln.
Der Seegang macht uns auch im Nachhinein spürbarer zu schaffen als erwartet. Das Geschaukel von Frieda über die unebenen Inselstraßen und die Sahnetorte in unserem Magen, die wir uns am Nachmittag als Belohnung für die überstandene Schifffahrt gegönnt haben, lassen uns erneut blass um die Nase werden. Wir finden eine Haltebucht im Fjell. Wir stehen schief. Egal. Hier bleiben wir. Bei geöffneter Tür unseres Busses liegen wir auf dem Bett und sehen der Sonne beim Untergehen zu. Um uns herum ziehen kleine Schafgrüppchen umher und offensichtlich steht Frieda auf deren routiniertem Trampelpfad. Sie müssen sich unter der geöffneten Hecktür hindurchquetschen. Das Dritte schafft es nicht mehr und so passiert es…Frieda wird tatsächlich von einem Schaf gerammt. Der Zusammenstoß wird mit einem lauten „Mäh“ quittiert und alle ziehen weiter.
Der Tag vor der Waltour soll ein entspannter werden. Passend finden wir zum wiederholten Male den bisher besten Stellplatz unserer Reise. Direkt am Meer, mit Feuerstelle, Fjordblick, Bachlauf, abgelegen, ruhig, perfekt. Der Platz soll gebührend mit einem frischen Abendessen gefeiert werden – Pitataschen mit Gemüse. Essen wir zuhause wirklich viel Salat, ist es für uns in Norwegen aufgrund der Lebensmittelpreise wirklich ein Highlight. Heute campen wir mal richtig und wollen unsere Pitataschen an der Feuerstelle erwärmen. Wir gehen getrennt voneinander Feuerholz holen. Mine sammelt Stöckchen und Reisig, Dominik schleift einen Stamm Treibholz hinter sich her. Das Treibholz ist 10-mal so groß wie unser Grillrost und muss am Ende den brennenden Stöckchen weichen.
Endlich ist er da. Wir werden Wale sehen. Fische und Wale haben einen besonderen Stellenwert bei uns. Dominik liebt die Bewohner des Meeres, Jasmin teilt diese Begeisterung nur bedingt, aber Wale in freier Wildbahn zu sehen steigert dann doch bei uns beiden die Aufregung. Pünktlich um 14:00 erscheinen wir zur Walsafari. Die Wellen und der Wind der Vortage haben sich gelegt, das Tupperdöschen ist gefüllt, die Reisetablette parat, Mütze, Handschuhe und Co sind eingepackt. Wir sind bereit. Das Wetter jedoch nicht. An Land wirkt es, als wäre eine Ausfahrt möglich, aber leider haben die Wellen auf dem Meer mittlerweile eine Höhe von 3 Metern. Unsere Fahrt ist gestrichen. Die Gruppe vor uns hatte noch das große „Glück“ fahren zu dürfen, scheinen ihre Tour aber auch abgebrochen zu haben, denn während wir die Hiobsbotschaft erfahren, stürmt eine völlig zerzauste Reisegruppe den Empfangsraum. Einige wirken ein wenig genommen und vertraut blass. Eine Dame prüft Ihren Schal auf Essensüberreste. In diesem Moment entscheidet Jasmin, sie wird keinen zweiten Anlauf starten. Dominik kann Norwegen nicht verlassen ohne Wale gesehen zu haben. In den nächsten Tagen sind die Bedingungen jedoch so schlecht, dass keine Ausfahrten möglich sind. Wir entscheiden uns weiter auf die Lofoten zu fahren und im Anschluss wiederzukommen. Dominik muss Wale sehen!