Bis immerhin 10 Uhr schlafen wir nach unserem Nordkap Abenteuer, so dass wir unseren Weg gen Süden erst mittags starten können. Nächstes größeres Ziel auf unserer Tour ist die Insel Senja. Bis dahin sind es jedoch noch einige Kilometer. Die nächsten Highlights lassen auf sich warten. Die Strecke sorgt für eine kleine Abenteuerflaute, wie so oft nach großen Ereignissen.Wir besichtigen Hammerfest, die einst wichtigste Handelsstadt im Polarkreis. Der Name Hammerfest verspricht großes, dem die Stadt leider nicht ganz gerecht werden kann. Warum hier Kreuzfahrtschiffe anlegen wird uns bei einer Tour durch die Stadt und beim Aufstieg auf deren Hausberg nicht ganz klar. In Städten ist kein wild campen möglich und so fahren wir erneut durch das Fjell, in dem wir diesmal eine Nacht verbringen.Es geht weiter nach Alta. Jasmin erhält Wanderstöcke und eine ernüchternde Niederlage im Schach auf deren Riesenschachbrett (mit dem König Matt gestellt – YES!). Die neuen Wanderstöcke wollen natürlich getestet werden und so campieren wir, unweit von unserem Campingplatz am Lyngenfjord entfernt, auf einem Wandererparkplatz umringt von Schafen. Der Weg dorthin wurde hart erkämpft, denn auch eine heranrollende Frieda beeindruckt die Schafe nicht, es musste erst ein verscheuchender Dominik her.
Der Parkplatz ist der Ausgangspunkt für unsere Wanderung am nächsten Morgen. Ziel ist die Hängebrücke Grosabrua. Sie verbindet auf geschätzten 30 Metern die beiden Seiten des Sabetjohk Canyon, der mit einer Tiefe von 153 Metern eine durchaus imposante Erscheinung ist.
Den Canyon entlang, passieren wir auf dem Weg zur Brücke noch eine alte Mine. Die dazugehörigen Bergbaugebäude sind in ihrer Fassade noch mehr oder weniger erhalten. Trotz unserer gemeinsameren Vergangenheit an der Bergakademie Freiberg, können wir uns nur bedingt für die ehemalige Eisenerzmine Ankerlia begeistern, obgleich es uns schon ein wenig verwundert, wie die ehemaligen Gebäude sich selbst und dem Verfall überlassen werden. Einfach eine Tafel vor jedes Häuschen und fertig ist ein historisches Freilichtmuseum.
Die knappe 9km lange Wanderroute macht Lust auf mehr. Wir steigern den Schwierigkeitsgrad und fahren in die Lyngenalps. Die etwa 90km lange und 15-20km breite Gebirgskette ist touristisch bisher wenig erschlossen und lockt nur einige Wanderer in die Region. Wir finden im Internet einige Tagestouren zur Auswahl, unter denen jedoch eine klar hervorsticht – die Route zu einem besonders blauen See, dem Blaisvatnet. Um schon früh starten zu können, stellen wir Frieda auch hier am Wandererparkplatz über Nacht ab. Diese sind grundsätzlich ein guter Ort für eine einfache Übernachtung. Oft gibt es Mülleimer, manchmal aber auch eine Plumps Toilette, selten so eine luxuriöse wie hier. Sie riecht nach Reiniger und Holz, hat einen Teppich und sogar Desinfektionsmittel.
Als Abendspaziergang nutzen wir den 1km langen Weg zu einem kleineren See in diesem Wanderareal. Das türkisblaue Wasser scheint auch Juli magisch anzuziehen und so dreht sie mehrere Runden in dem wirklich eiskalten Gletscherwasser. Offensichtlich steht Juli genauso auf die Outdoor Erfrischungen wie wir und scheinbar belebt es Sie genauso. Nach dem Bad ist sie wie ausgewechselt. Tapste sie auf dem Hinweg noch langsam hinter uns her, können wir sie auf dem Rückweg kaum bändigen. Vor und zurück, vor und zurück, vor und zurück, wie ein Duracell Häschen.
Am Morgen der Wanderung zum Blaisvatnet macht sich Unmut breit. Es sind nur 4km bis zum See. Wir hatten auf einen Tag in den Bergen gehofft. Nach etwa einem Kilometer ändert sich der Wanderweg schlagartig. Der Waldweg wird zu einem Meer aus Geröll, über welches bis zum See geklettert werden muss. Wir wandern offensichtlich das derzeit trockenliegende Flussbett hinauf.
Der Gletscher über dem Blaisvatnet ist die gesamte Wanderung zusehen, will aber aufgrund des beschwerlichen Weges nicht näherkommen. Die „lediglich 4km“ entpuppen sich als Muskel beanspruchende Herausforderung und wir sind froh als wir den See endlich erreichen. Unwirklich bettete sich das Blau des Sees in die rustikale Felslandschaft ein. Was für ein Anblick, der für den steinigen Weg mehr als entlohnt.
Auch Juli hat mit den Felsen, Steinbrocken und deren Abständen ihre Probleme. Beim Klettern zwischen zwei Felsbrocken macht sie einen herrlichen Bauchklatscher in den erneut eiskalten See. Dieses unfreiwillige Bad hat jedoch nicht gleichen Effekt wie am Abend zuvor und so stolpern wir alle drei über Stock und Stein erschöpft zurück zu Frieda.
Nach diesem Tag ist uns nicht mehr nach Großstadttrubel und so streichen wir unseren geplanten Besuch in Tromsö und fahren direkt weiter nach Senja. Die Insel, die auf vielen Reiseblogs als Geheimtipp gehandelt wird, war schon vor Abfahrt ein festes Ziel. Die kleine Insel soll alle Facetten von Norwegen auf knappen 1600 Quadratkilometern vereinen. Nach 3,5 Stunden Fahrt erreich wir Senja spät abends. Heute wollen wir endlich mal wieder am Meer übernachten. Wir wählen einen Parkplatz an einer Fjordspitze und werden mit klarem Himmel, Mitternachtssonne und dem wahrscheinlich beeindruckendsten Gipfel auf der ganzen Insel begrüßt. Der Gipfel Segla ist 640 Meter hoch und sieht von unserer Perspektive aus, wie ein fast perfektes Dreieck in der Gebirgslandschaft. Zusammen mit dem Licht- und Schattenspiel, die die Mitternachtssonne auf das Gebirge fallen lässt, entsteht ein wirklich einzigartiges Bild. Ein toller Reisemoment.
Leider kann die Insel in den nächsten Tagen die Vorschusslorbeeren durch die Blogs und unseren ersten „Magic-Moment“ nicht wirklich standhalten. Der Besuch des kleines Fischerörtchen Husoy, des Ersfjordstrandes mit samt seiner für 300.000 Euro erbauten goldenen Toilette, weiteren Stränden und Aussichtspunkten erwiesen sich als schön, aber keineswegs besser als das was wir bis dato gesehen haben.
Wir beschließen die Insel zwei Tage vorher als eigentlich geplant in Richtung der Lofoten zu verlassen. Wir wollen Wale sehen!