#22 unterschätztes Österreich

Nach zwei Monaten Skandinavienreise kam der Heimaturlaub für uns genau zum richtigen Zeitpunkt. So sehr wir Schweden und Norwegen genossen haben und so sehr wir das Reisen mit Frieda auch lieben, haben wir doch ein wenig Heimweh nach Freunden und Familie. Natürlich kommen wir unterwegs auch mit Einheimischen und anderen Reisenden in Kontakt, aber die Gespräche verlaufen oft ziemlich ähnlich. So interessant das meist auch ist, so schön ist es auch mit den Lieben zuhause über Alltägliches zu plaudern. Wir haben eine Woche, um Neuigkeiten auszutauschen, uns mit Mamas Kuchen vollzustopfen, auf einer Hochzeit von Freunden ausgelassen zu tanzen, mal wieder in einem richtigen Bett zu schlafen, die komplette Wäsche mit einer Waschmaschine statt mit der Hand zu waschen, bei Freunden zu grillen und in der Hängematte zu liegen, Flüge für unseren Teil 3 der Reise zu buchen und Frieda für Teil 2 der Reise aufzupeppen. Und schon sitzen wir wieder im Fahrerhaus von Frieda und brechen mit dem „Ok“ unseres Werkstattmeisters Richtung Süden auf.

Jasmins Eltern erholen sich gerade in Österreich und haben uns zu einem Rundum Sorglospaket eingeladen. Wir durqueren also Deutschland an einem Tag und sind nach einer kurzen Übernachtung nahe der Grenze schon am nächsten Tag in Österreich. Das urige Hotel gehört uns ganz allein. Es gibt viel zu erzählen und so genießen wir den Tag, gehen über Kuhweiden spazieren, schwitzen in der Sauna und verspeisen wie die Könige ein vier Gänge Menü. Nur Juli hat sich schon so an Frieda gewöhnt, dass ihr das Hotelzimmer nicht ganz geheuer ist und quittiert dies mit ihrem herzerweichenden Geheul. Nach dem üppigen, aber wirklich guten Essen vom Vorabend brauchen wir ein wenig Bewegung. Mittlerweile kann man in den Bergen an jeder Ecke E-Bikes ausleihen, somit bleibt auch uns Unsportlichen der Genuss einer Radtour durch die Berge nicht verwehrt. Wir finden einen Anbieter, der extra für uns noch einmal den Laden öffnet. Als jeder von uns ein Mountainbike in seiner Größe erhalten hat, starten wir unsere Runde. Bereits nach wenigen Metern sind auch schon die Hilfsmotoren gefragt, es geht Steil den Reither Kogel hinauf. Nur Juli bewältigt den Aufstieg ohne fremde Hilfe. Wir haben uns für einen Panoramaweg entschieden. Oben angelangt, flacht es ein wenig ab und die Tour führt den Berg entlang. Bei schönstem Wetter haben wir einen wundervollen Blick auf das Alpbachtal. Eine Tour mal auf zwei Rädern, anstatt auf zwei Beinen ist eine willkommene Abwechslung. Auch Juli hat sichtlich Spaß an dem höheren Bewegungstempo. Die Strecke ist abwechslungsreich und führt uns an Koppeln vorbei, durch kleine Wälder und durch einen kleinen Bachlauf. Ist Jasmin als Radfahrmuffel sonst dankbar für jeden Hügel, den sie mit dem Rad herunterrollen kann, sorgt der Rückweg, der uns konstant bergab führt, diesmal doch eher für Unmut. Auch bei unserem Hund. Sie hat einfach keine Lust mehr. Sie liebt zwar das hohe Tempo, aber nach so vielen Kilometern, ist es ihr nur neben dem Fahrrad herzulaufen einfach zu langweilig. Sie ist eben ein Beagle und möchte unterhalten werden. Gefahrenlos fahren ist mit Juli an der Leine nicht mehr möglich und so rollen wir Kilometer für Kilometer in Formation den Berg hinab. Mama vorne weg, um Autos von vorn anzuzeigen, Jasmin und Dominik links und rechts vom Hund und Papa als schützendes Schlusslicht. Alle paar Meter ertönt ein Ruf „Auto“ und die Kolonne kommt mühselig zum Stehen. Um schneller das Ziel zu erreichen, versuchen wir Juli von der Mitfahrgelegenheit in unserem Rucksack zu überzeugen, aber sie bevorzugt doch das Schneckentempo auf vier Pfoten. Wir benötigen für die letzten 5 km knappe 45 Minuten, erreichen aber noch rechtzeitig unser Hotel, um den Tag bei einem Saunagang ausklingen zu lassen.

Das Radeln wollen wir definitiv noch einmal wiederholen. Dass die deftigen Mahlzeiten am nächsten Tag enden, findet zumindest unser Cholesterinspiegel nicht ganz so dramatisch. Zum Abschied wollen Jasmins Eltern erneut zum Aachensee, wobei wir sie gerne begleiten, nicht nur, weil dort auch ein Schlafplatz auf uns wartet. Der See ist der größte in Tirol und liegt 929m über den Meeresspiegel.

Wir verabschieden uns nach einem entspannten Nachmittag und schlagen dort unsere Zelte für die Nacht auf. In Österreich und auch in allen kommenden Ländern ist das Wildcampen nicht mehr gestattet, das günstige Übernachten ist nunmehr eine echte Herausforderung.

Da uns der Aaachensee ebenfalls gut gefällt, ist das Programm für den nächsten Tag ganz klar. Dominiks Wanderschuhe haben den Skandinavien Trip nicht überlebt. Der See bietet also eine super Gelegenheit die neuen Schuhe einzulaufen. Während der erste Teil der Route über einen breiten, fahrradfreundlichen Weg geht, schlängelt sich Teil zwei an dem Berg Seekarspitze entlang und beschert uns eine hervorragende Aussicht – sowohl in die Ferne als auch in die Tiefe.

Da das Gewässer ein wenig zu groß ist, um es gesamt zu umrunden und Jasmin sich der Mutprobe kein zweites Mal stellt, an der Felswand entlang zu schlängeln, wollen wir mit dem Boot zurück zu Frieda übersetzen. Aus der Ferne ist ein lautes „Tuuuut“ zu hören und so reicht es bei Jasmin sogar noch für einen Schlussspurt aus Angst die letzte Fähre zu verpassen. Zu Julis Leitwesen herrscht an Deck strenge Maulkorbpflicht. Die 5-minütige Überfahrt genießt somit nicht jeder von uns.

Die Nacht verbringen wir nochmals auf dem Parkplatz am See. Ziel des nächsten Tages ist der Almabtrief in Rieth, zu dem auch Kühe aus bis zu 30km Entfernung heimgetrieben werden. Aus Angst vor verstopften Straßen wollen wir schon gegen 06:00 Uhr aufstehen. Die Kühe sind aber schon früher unterwegs und so werden wir morgens vom ohrenbetäubenden Lärm der Kuhglocken geweckt, statt von unserem Wecker. Wir sitzen wir im Bett, spähen aus dem Fenster und sind umringt von einer großen Kuhherde, die zu ihrem Winterunterschlupf getrieben wird. Da die Kühe also trotz unseres ausgefuchsten Plans vor uns sind, schlafen wir noch ein wenig bevor wir starten.

Die Hauptstraßen sind frei und wir erreichen Rieth ohne Stau. Zahlen vor Ort keine Parkplatzgebühr, aber 5 Euro Eintritt. Bis die Kühe die Stadt erreichen ist noch Zeit und wir schlendern ein wenig durch den Ort. Wie wir schnell feststellen, besteht dieses Volksfest wie jedes aus Bier-, Ess- und Souvenirständen. Die Musik Acts sind Blaskapellen und Alpenbläser, ein paar Jungs mit Peitschen sorgen für Menschentrauben auf der Straße. Alles sehr schön volkstümlich. Wir vertreiben uns die Wartezeit mit einem zünftigen Imbiss und einem köstlichen Hellen.

Ab 12:00 Uhr sollen die ersten Kühe in Rieth eintreffen. Die ersten Touristen werden kurz nach 12:00 bereits ein wenig unruhig. Die Tiere müssten doch langsam ankommen. Auf Nachfrage eines Touristen, erklärt eine Einheimische, dass sich Kühe nicht an einen Fahrplan halten und eben kommen, wenn sie kommen. Die Fotoapparate der Leute müssen aber nicht mehr lange warten, bis der erste Bauer seine Kühe durchs Dorf treibt. Ein wenig grotesk ist das Schauspiel schon, zumal die Bauern und Helfer mehr mit den fotografierenden Passanten beschäftigt sind, als mit den Kühen.

Am Abend drauf finden wir den nächsten Platz für die Nacht. Wie schon oft erprobt, nächtigen wir auf einem Wandererparkplatz. Die Wanderung führt uns den Smaragdweg entlang durch den Nationalpark Hohen Tauern. Dies ist der größte Nationalpark der Alpen. Entlang des Familienwanderweges sind einige Stationen angelegt, die die Wanderer auf dem Weg nach oben mit allerlei Informationen über Gesteine und den Mineralien vorsorgen. Auch wenn einige Stationen wirklich unterhaltsam sind, ist unser Highlight des Tages eine kleine Gruppe Murmeltiere, die wir für einige Zeit in der freien Wildbahn beobachten können. Wenig später kehren wir auf einer Alm ein. Da Kartenzahlung auf 1500m nicht möglich ist, reicht unser Bargeld für das Teilen eines Stückes köstlichen Apfelkuchens sowie für ein Glas Skiwasser (Wasser mit Sirup).

Nach der Wanderung erreichen wir abends unseren Stellplatz neben einem Sportplatz. Um den Stellplatz zu erreichen muss sich Frieda über einen Pass quälen und durch einige Täler schieben. Die beeindruckende Landschaft, lässt aber auch die relativ lange Fahrt nach diesem anstrengenden Tag zu einem Genuss werden. Österreich, war auf unserer Route eher ein Land das wir mit ein paar Stopps durchqueren wollten und ist für uns eines der unterschätzten Reiseziele, daher legen wir gerne auch direkt noch einen Pausentag ein, um Kraft für die kommenden Tage zu sammeln.